Mit Kippa und Tränen: Kanzler Merz ringt mit Deutschlands Schuld


Bei der Wiedereröffnung der Synagoge in der Münchner Reichenbachstraße sprach Friedrich Merz Worte, die vielen unter die Haut gingen. Mit tränenerstickter Stimme bekannte er Scham über das Versagen im Kampf gegen Antisemitismus – und erhob eine Warnung, die Deutschland nicht überhören darf.

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Der Moment war von Symbolkraft kaum zu übertreffen: Ein deutscher Kanzler, mit Kippa auf dem Haupt, sprach im Herzen Münchens über die Schuld und die Verantwortung seines Landes. Friedrich Merz zeigte sich sichtlich bewegt bei der feierlichen Wiedereröffnung der traditionsreichen Synagoge in der Reichenbachstraße – und machte deutlich, dass Antisemitismus nicht nur ein Kapitel der Vergangenheit ist, sondern eine brennende Gegenwart.

„Als Kanzler der Bundesrepublik, aber auch als deutscher Bürger, schäme ich mich“, sagte Merz mit stockender Stimme. Er sprach nicht in der gewohnten Sprache nüchterner Politik, sondern als Mensch, der das „Nie wieder“ als Verpflichtung seines ganzen Lebens begreift. Doch er gestand ein, dass Deutschland zu lange wegsah. Der 7. Oktober 2023 – der Tag des Massakers an israelischen Zivilisten – habe schmerzhaft offengelegt, dass ein erheblicher Teil der in den letzten Jahrzehnten Zugewanderten aus Gesellschaften stamme, in denen Antisemitismus Staatsdoktrin sei. Auf deutschen Straßen wurde an diesem Tag gejubelt, während Juden ermordet wurden – ein Schock, den der Kanzler offen ansprach.

Merz benannte klar, was viele verdrängen: Antisemitismus ist in Deutschland nie verschwunden. Die Realität, dass jüdische Kinder nur unter Polizeischutz Kindergärten besuchen können, dass jüdische Restaurants und Synagogen rund um die Uhr bewacht werden, sei Ausdruck einer bitteren Wahrheit. Eine ganze Generation von Juden in Deutschland kenne das öffentliche Leben nur unter diesen Sicherheitsbedingungen. Das sei kein Zustand, mit dem man sich abfinden dürfe.

Seine Worte waren zugleich Schuldbekenntnis und Appell. „Wir haben zu lange die Augen verschlossen“, sagte er. „Es ist unsere historische Pflicht, das ‚Nie wieder‘ mit Inhalt zu füllen – nicht nur als Erinnerung, sondern als gelebte Verpflichtung.“ Damit stellte Merz klar, dass Antisemitismus nicht allein ein Problem der jüdischen Minderheit ist, sondern eine Bedrohung für die gesamte Gesellschaft.

Der Rahmen verlieh dem Auftritt zusätzliche Tiefe. Die Reichenbachstraßen-Synagoge, 1931 errichtet, wurde in der Reichspogromnacht 1938 geschändet und später notdürftig wiederhergestellt. Jahrzehnte diente sie als provisorisches Zentrum jüdischen Lebens, bis die Gemeinde in das neue Gotteshaus am Jakobsplatz zog. Mit der aktuellen Restaurierung erhielt der Bau sein religiöses und symbolisches Gewicht zurück – und die Worte des Kanzlers machten die Wiedereröffnung zu einem Akt politischer wie moralischer Bedeutung.

Merz’ Rede endete mit einem Versprechen: Die Bundesregierung werde alles dafür tun, dass jüdisches Leben in Deutschland frei, sichtbar und sicher bleibt. Dass jüdische Kinder hier aufwachsen können, ohne Angst, ohne Polizeischutz, und stolz auf ihre Identität. Es war ein Satz, der nicht nur als politische Zusage, sondern als Prüfung für die deutsche Gesellschaft insgesamt verstanden werden muss.

Die Tränen des Kanzlers werden nicht genügen, wenn daraus nicht Handeln erwächst. Die Frage ist, ob Deutschland die Worte seines Regierungschefs in praktische Realität umsetzt – oder ob man erneut zulässt, dass Antisemitismus erst verharmlost und dann verdrängt wird, bis es zu spät ist.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot Youtube

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 16. September 2025

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