Singen für den Frieden – gefeuert für den Dialog
Ein Imam reist nach Israel, besucht Yad Vashem, verurteilt Terror – und wird zum Staatsfeind gemacht. Die Reaktion islamischer Institutionen auf eine Geste der Menschlichkeit offenbart, wie tief der Hass auf Juden und Israel in weiten Teilen der muslimischen Welt verankert ist.

Ein kurzer Moment, ein schlichtes Lied – und ein Imam verliert seinen Job. In einem Video stimmt Youssef Msibih, Imam aus dem niederländischen Alkmaar, arabisch die israelische Nationalhymne an. Nicht vor der Knesset, nicht bei einer politischen Kundgebung, sondern im Rahmen einer Begegnung mit Israels Präsident Isaac Herzog. Es war ein Treffen der Verständigung: 15 Imame aus europäischen Ländern – Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien und den Niederlanden – reisten auf Einladung von ELNET, einem Netzwerk zur Förderung der Beziehungen zwischen Europa und Israel, in den jüdischen Staat. Sie besuchten die Orte der Hamas-Massaker vom 7. Oktober, legten Kränze in Yad Vashem nieder, sprachen mit religiösen und politischen Repräsentanten.
Was als Brücke gemeint war, wurde zum Scheiterhaufen. Inmitten der medialen Aufmerksamkeit, die dem Video zuteilwurde – auch durch das Teilen auf dem offiziellen X-Account von Präsident Herzog – ließ die eigene Moscheegemeinde Msibih eiskalt fallen. Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung des Clips stand fest: Der Imam ist seinen Posten los. Das Signal ist eindeutig – und niederschmetternd.
Ein Lied genügt
Es war nicht irgendein Besuch. Es war eine mutige Geste. Denn die Reisegruppe wurde angeführt von Hassen Chalghoumi, dem aus Frankreich stammenden Imam, der seit Jahren für seinen Einsatz gegen Islamismus und Antisemitismus bedroht wird – von Islamisten, aber auch von angeblich „gemäßigten“ Muslimen. Chalghoumi stellte bei seinem Treffen mit Präsident Herzog unmissverständlich klar: „Der Krieg nach dem 7. Oktober ist kein Krieg zwischen Israel und der Hamas. Es ist ein Krieg zwischen zwei Welten: einer Welt des Lichts und einer Welt der Dunkelheit.“
Solche Worte brennen in Ohren, die jahrzehntelang in der politischen Rhetorik einer palästinensischen Opferideologie konditioniert wurden. Die Gegenreaktion kam mit aller Wucht: Msibih wurde öffentlich diffamiert, seine Loyalität infrage gestellt, seine Menschlichkeit verhöhnt. In sozialen Netzwerken häuften sich Kommentare wie: „Für Herzog zu singen, während Palästinenser ausgehungert und verbrannt werden, ist keine Friedensbotschaft. Das ist Verrat.“ Was wie eine surreale Anklage klingt, wurde von vielen mitgetragen – auch von höchsten islamischen Stellen.
Wer Menschlichkeit verurteilt, spricht nicht aus Mitgefühl – sondern aus Hass
Die renommierte Al-Azhar-Universität in Kairo, religiöses Rückgrat des sunnitischen Islam, verurteilte die Imame aufs Schärfste. Die Reise sei ein „Verrat an religiösen und menschlichen Werten“. Wer Yad Vashem besucht, während Gaza brennt, stelle sich angeblich gegen das palästinensische Leid. Dass genau dieses Leid durch die Hamas ausgelöst wurde, die gezielt einen Vernichtungskrieg gegen Juden führt – davon kein Wort. Dass in Gaza jüdische Babys verbrannt, Frauen vergewaltigt, Alte massakriert wurden – keine Silbe. Wer so argumentiert, verteidigt nicht die Menschlichkeit. Er kämpft gegen sie.
Was aus diesen Stimmen spricht, ist nicht Empathie für Palästinenser. Es ist nichts anderes als der blanke Hass auf Juden und Israel – verbrämt in religiöser Sprache, getarnt als Solidarität. Ob von Al-Azhar oder von der „Union muslimischer Gelehrter“: Der reflexhafte Reflex gegen jede Annäherung an Israel, gegen jedes Wort der Anerkennung, offenbart eine erschreckende Realität. Diese Stimmen hassen nicht den Krieg – sie hassen den Gedanken, dass Juden in ihrem eigenen Staat überleben, ja erfolgreich sein könnten. Das ist kein religiöser Einwand – das ist antisemitische Verachtung.
Der wahre Skandal
Der Skandal ist nicht die Reise. Der Skandal ist die Reaktion darauf. Dass in einer europäischen Demokratie ein Imam entlassen wird, weil er Menschlichkeit zeigt, ist ein Alarmsignal. Dass Institutionen, die sich als moralische Autoritäten sehen, eine Begegnung in Yad Vashem zu einem „Verrat“ umdeuten, macht klar: Diese Vertreter sprechen nicht im Namen des Friedens. Sie vertreten eine Ideologie, in der der Dialog mit Juden als Sünde gilt – und Terror als Widerstand.
Herzogs Worte treffen ins Schwarze: Diese Imame zeigten moralische Courage. Ihre Reise ist nicht Verrat – sie ist Hoffnung. Hoffnung, dass es auch innerhalb der islamischen Welt Stimmen gibt, die sich nicht länger von Hass, Gruppendruck und antisemitischer Indoktrination bestimmen lassen. Hoffnung, dass irgendwann nicht mehr das Singen der israelischen Hymne zum Skandal wird – sondern das Schweigen angesichts des 7. Oktobers.
Youssef Msibih hat das Richtige getan. Und wer ihn dafür verurteilt, zeigt, wofür er wirklich steht.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO
Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 20. Juli 2025