Wenn Schlagzeilen zu Brandbeschleunigern werden: Wie die „New York Times“ Antisemitismus salonfähig macht


15 Monate Kriegsberichterstattung – 1.801 Schlagzeilen. Die „New York Times“ schafft mit ihrer Gaza-Berichterstattung das ideale Klima für israelbezogenen Hass. Eine neue Studie aus Israel wirft der renommierten Zeitung Manipulation durch Weglassen vor.

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Der Kampf um Deutungsmacht tobt nicht nur auf Schlachtfeldern, sondern in Nachrichtenspalten, Twitter-Threads und TV-Debatten. Was als Berichterstattung erscheint, ist oft narrative Kriegsführung – und sie richtet erheblichen Schaden an. Eine neue Studie von Prof. Eytan Gilboa von der Bar-Ilan-Universität zeigt nun auf bedrückende Weise, wie die Berichterstattung der „New York Times“ (NYT) über den Israel-Hamas-Krieg nicht nur tendenziös war, sondern durch systematische Schlagzeilensetzung die internationale Wahrnehmung verzerrte – und damit antisemitische Strömungen verstärkte. Der Vorwurf: narrative Sabotage auf höchstem Niveau.

Der Ausgangspunkt ist ebenso klar wie erschütternd: Am 7. Oktober 2023 überfiel die Hamas Israel, verübte Massaker, vergewaltigte, brannte und entführte Hunderte Zivilisten. Ein Akt des Terrors von historischem Ausmaß. Doch wer über die 15 Monate hinweg „The Morning“ – den NYT-Newsletter mit den aus Sicht der Redaktion wichtigsten Schlagzeilen des Tages – verfolgte, wurde in eine andere Realität geführt. Nicht etwa Hamas war laut Überschriften der Hauptakteur des Konflikts – sondern Israel.

Israel – dauerhaft in der Kritik, Hamas im Schatten
1.801 Schlagzeilen wurden zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 18. Januar 2025 analysiert. Das Ergebnis ist frappierend: Kritik an Israel tauchte in mehr als doppelt so vielen Headlines auf wie Kritik an der Hamas. Selbst im Oktober 2023, als die Gräueltaten der Hamas noch frisch waren, wurde Israel deutlich häufiger negativ dargestellt. Und je länger der Krieg dauerte, desto weiter verschwand Hamas aus der öffentlichen Wahrnehmung – obwohl sie weiterhin Geiseln hielt, Raketen abfeuerte und zivile Infrastruktur als Schutzschild missbrauchte.

Noch deutlicher wird die Schieflage bei den „Top News“: Jene drei am prominentesten platzierten Meldungen pro Tag unterstützten Palästinenser über fünfmal häufiger als Israelis. Kritik an Hamas? Praktisch nicht existent. Unterstützung für Israel? Ein marginales Randthema.

Hamas wird entlastet, Iran verschwiegen
Eine erschreckende Leerstelle in der NYT-Berichterstattung betrifft Iran. Obwohl Israel den Mullah-Staat mehrfach als Drahtzieher hinter dem Krieg benannte, tauchte Iran in den NYT-Schlagzeilen kaum auf. Selbst im kriegsentscheidenden Zeitraum Oktober bis November 2023 wurde Iran in nur neun Headlines genannt. Der strategische Kontext – das Netzwerk aus Hamas, Hisbollah und iranischer Revolutionsgarde – wurde damit konsequent entpolitisiert. Für Leserinnen und Leser ergab sich so der Eindruck eines lokalen Konflikts zwischen Israel und „den Palästinensern“, nicht zwischen einem demokratischen Staat und einem Terror-Kartell mit internationaler Rückendeckung.

Humanitäre Verzerrung: Täter werden zu Nebensätzen
Noch gravierender ist der Umgang mit dem Thema humanitäre Hilfe. In 172 Schlagzeilen über die Lage in Gaza wurde Hamas als Plünderer von Hilfsgütern nur dreimal erwähnt – meist nicht namentlich, sondern hinter Begriffen wie „bewaffnete Gruppen“ oder „Einwohner“ versteckt. Dass die Terrororganisation Krankenhäuser militärisch nutzte, tauchte nur in vier Headlines auf. Dreimal als israelische Behauptung, einmal mit fragwürdiger Gleichsetzung. Und zur sexualisierten Gewalt der Hamas am 7. Oktober? Nur fünf Headlines in 15 Monaten – darunter eine, die den systematischen Terror mit angeblich ähnlichen israelischen Taten gleichsetzte. Eine moralische Bankrotterklärung.

Die Wirkung: Wie mediale Schieflage zu realem Hass führt
Was in Schlagzeilen beginnt, endet in Straßengewalt. Laut FBI-Bericht von 2023 waren antisemitische Übergriffe in den USA doppelt so häufig wie gegen jede andere Minderheit – und diese Zahl ist seither weiter gestiegen. Dass die NYT im selben Zeitraum ihr Israel-Bashing auf Höchstniveau trieb, ist kein Zufall. Wer fortwährend suggeriert, dass Israel das Problem sei, delegitimiert nicht nur den jüdischen Staat, sondern auch das Recht von Juden weltweit, sich mit ihm zu identifizieren.

Zugleich erleben wir ein gefährliches ideologisches Narrativ: Die NYT schafft in ihren Kommentarspalten Raum für Beiträge, die Antisemitismus semantisch umdefinieren, Israel als „Apartheidstaat“ brandmarken und das Existenzrecht der jüdischen Nation zum Debattenthema machen. Diese Relativierungen treffen auf fruchtbaren Boden – insbesondere in linken Milieus, die sich im „progressiven Antizionismus“ gefallen, aber Judenhass in neuem Gewand propagieren.

Falsche Ausgewogenheit – und die moralische Verantwortung
Der Zeitung selbst zufolge seien die Vorwürfe haltlos, die Studie „parteipolitisch motiviert“ und aus dem Kontext gerissen. Doch die Daten sprechen für sich – konsistent, quantifizierbar, unübersehbar. Es geht nicht um Einzelfehler oder isolierte Artikel, sondern um ein klares Muster der Verzerrung: Israel wird dämonisiert, Hamas relativiert, und die internationale Öffentlichkeit in die Irre geführt. Der journalistische Kompass der NYT hat in diesem Krieg versagt – und mit ihm ein Stück moralischer Integrität.

Die Analyse von Prof. Gilboa ist damit weit mehr als ein medienkritischer Befund. Sie ist ein Alarmsignal. Für jüdische Gemeinden, für Demokratien, für alle, die an Wahrheit und Verantwortung im Journalismus glauben. Denn wer Israel zum Täter stilisiert und die Täter verschweigt, gießt Öl ins Feuer des modernen Antisemitismus – und macht sich mitschuldig an seiner Ausbreitung.

Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle: Von Haxorjoe - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4165593

Artikel veröffentlicht am: Samstag, 12. Juli 2025

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