Hamas droht Hilfsorganisation in Gaza: „Wir überwachen jede eurer Bewegungen“


Erstmals über eine Million Mahlzeiten verteilt – doch das Terrorregime will jede Hilfe unter Kontrolle behalten

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Die amerikanische Hilfsorganisation GHF (Global Humanitarian Foundation), die bisher ihre Lebensmittel ausschließlich über feste Verteilzentren verteilte, hat ein neues Modell getestet – mobile Auslieferung per LKW. Elf Lastwagen waren am 8. Juni im Einsatz und verteilten über eine Million Mahlzeiten in verschiedenen Stadtteilen von Rafah und dem zentralen Gazastreifen. Doch was als lebensrettende Maßnahme gedacht war, rief den blanken Zorn der Hamas hervor.

Denn der Machtapparat, der sich selbst als „Widerstand“ inszeniert, duldet keine Hilfe, die sich seiner vollständigen Kontrolle entzieht. In einer expliziten Drohbotschaft warf die Hamas den Helferinnen und Helfern vor, „fragwürdige Agenden unter dem Deckmantel humanitärer Arbeit“ zu verfolgen. Die Worte sind unmissverständlich: „Wir sind uns jeder eurer Bewegungen bewusst und überwachen euch mit äußerster Präzision. Wenn ihr auf diesem Weg weitermacht, werdet ihr die volle Verantwortung für die Konsequenzen tragen.“

Die Botschaft: Wer in Gaza hilft, ohne sich den Regeln der Hamas zu unterwerfen, lebt gefährlich.

Mehr als eine Million Mahlzeiten – ein lebensrettendes Experiment

Die neue Strategie war keine PR-Aktion, sondern eine Notwendigkeit. In den letzten Wochen hatten sich Menschen in Rafah wiederholt auf Lastwagen mit Lebensmitteln gestürzt – aus Hunger, aber auch aus Angst, dass die Hilfe von bewaffneten Hamas-Anhängern abgefangen wird. Die Not ist real, das Misstrauen ebenso.

GHF hat darauf reagiert und ihre Verteilstruktur angepasst: Elf LKWs mit vorverpackten Essensrationen fuhren gleichzeitig in drei Gebiete:

  • Rafah, Stadtteil Tel as-Sultan: 4.800 Kartons, über 277.000 Mahlzeiten

  • Rafah, saudisches Viertel: 3.840 Kartons, mehr als 221.000 Mahlzeiten

  • Wadi Gaza (Zentrum): 8.640 Kartons, über 500.000 Mahlzeiten

Die Pakete wurden nach Angaben der Organisation über lokale Händler verteilt, eine Taktik, die helfen soll, sowohl Effizienz zu steigern als auch die direkte Konfrontation mit der Hamas zu umgehen. Dennoch zeigt die Reaktion der Terrororganisation, dass auch dieser Versuch nicht unbemerkt bleibt.

Die Hamas duldet keine Hilfe ohne Kontrolle

Seit Monaten steht die Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza unter ständiger Beobachtung – nicht durch internationale Gremien, sondern durch die Hamas selbst. LKWs, die als neutral gelten sollten, werden beschlagnahmt oder umgeleitet, sobald sie die Übergänge passieren. Mitarbeiter internationaler Hilfswerke berichten immer wieder anonym von Bedrohungen, Erpressung und Einschüchterung. In mindestens einem Fall dieses Jahres wurde ein lokaler Helfer entführt, weil er sich geweigert hatte, Rationen abzugeben.

Die jüngste Drohung der Hamas gegen GHF zeigt, wie eng die Organisation ihr Machtmonopol interpretiert – selbst in Hungerzonen. Wer Lebensmittel ohne deren Genehmigung oder Kontrolle verteilt, verletzt nach Sicht der Islamisten „den Stolz des Volkes“.

Dabei spricht niemand über Stolz, wenn Kinder in den Straßen von Khan Younis nach Essbarem wühlen. Es geht nicht um Würde, wenn Menschen um ein Stück Brot ringen, sondern um Kontrolle – und darum, wer darüber bestimmt, wer in Gaza leben darf und wer nicht.

Drei Wege der Hilfe – aber alle unter Beobachtung

Laut den israelischen und internationalen Beobachtern laufen derzeit drei parallele Formen der Lebensmittelhilfe in den Gazastreifen:

  1. Verteilung durch GHF: via Lastwagen und zentrale Verteilzentren

  2. Direktlieferungen von Mehl an Bäckereien: organisiert durch das Welternährungsprogramm (WFP)

  3. Warme Mahlzeiten aus Feldküchen: zubereitet durch NGOs wie „World Central Kitchen“

Alle drei Ansätze kämpfen gegen dieselbe Realität: Eine organisierte Terrorstruktur, die nicht nur die Verteilung, sondern auch die Wahrnehmung von Hilfe kontrollieren will. Schon mehrfach wurden Feldküchen ins Visier genommen. Manche Organisationen zogen sich ganz aus Gaza zurück, weil ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet war.

GHF bleibt bislang vor Ort, doch der Preis dafür ist hoch. Jede Bewegung, jeder LKW, jede Palette mit Lebensmitteln könnte zur Zielscheibe werden. Die Entscheidung, nicht aufzuhören, ist eine mutige – und eine, die unterstreicht, dass der wahre Feind der palästinensischen Zivilbevölkerung nicht außerhalb, sondern innerhalb ihrer eigenen Mauern sitzt.

Autor: Bernd Geiger

Artikel veröffentlicht am: Montag, 9. Juni 2025

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