„Tod dem Führer“ – Irans Bürger feiern Israels Luftangriffe im Netz


Widerstand statt Angst: Die Reaktion vieler Iraner auf die israelischen Angriffe zeigt, wie tief der Hass auf das eigene Regime inzwischen reicht.

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Die israelischen Luftangriffe auf militärische Ziele im Iran haben nicht nur in Teheran Rauchwolken hinterlassen – sondern auch einen Sturm der Emotionen im digitalen Raum entfacht. Doch dieser Sturm richtet sich weniger gegen den Staat Israel, sondern in weiten Teilen gegen das eigene Regime. Was sich in den vergangenen Stunden auf iranischen Social-Media-Kanälen abspielte, ist keine Randnotiz – es ist ein Zeichen politischer Verzweiflung, Wut und Hoffnung zugleich.

Die Angriffe haben eine der tiefsten Wunden des islamischen Regimes bloßgelegt: Die wachsende Verachtung weiter Teile der eigenen Bevölkerung. Bürger, die keine Angst mehr zeigen, sondern Spott, Galgenhumor und offene Aufrufe zum Umsturz. Videos aus den Straßen Teherans zeigen Menschen, die „Tod dem Führer“ rufen – gemeint ist der Oberste Führer Ali Chamenei, der als Symbol des repressiven Mullah-Staates gilt. Eine derart offene Rebellion ist in der Islamischen Republik nicht nur selten, sie ist hochgefährlich. Und dennoch mehren sich die Stimmen, die genau jetzt den Moment gekommen sehen: den Moment, in dem das Regime fällt.

Ein Nutzer auf Telegram schrieb sarkastisch über getötete Regime-Funktionäre: „Sie wurden zu Frikadellen, der Lieferdienst bringt uns das Menü.“ Eine andere Stimme jubelt: „Wenn wir den Führer und seine Söhne los sind, sind wir alle frei. Dann können wir endlich reisen.“ Der Ton ist klar, die Sehnsucht unmissverständlich: Es geht nicht mehr nur um Protest, es geht um das Ende eines Systems.

Der israelisch-iranische Konflikt ist alt, seine Dynamik bekannt. Doch diesmal ist etwas anders. Diesmal sind es nicht nur Raketen und Drohnen, die auf Militärbasen treffen – diesmal trifft etwas viel Tiefgründigeres das Regime: der digitale Aufstand seiner eigenen Bürger. Viele Iraner sehen in den israelischen Angriffen nicht die Handlung eines Feindes, sondern eine historische Gelegenheit. „Jetzt, da das Regime geschwächt ist – das ist unsere Chance“, schrieb ein User. Und er fügte hinzu: „Wenn wir es jetzt nicht stürzen, wird es sich mit Extremisten verbünden und uns und Israel vernichten.“

Die Reaktion des Regimes? Repression – wie immer. Doch die gewohnten Mittel zeigen erste Risse. Die Sicherheitskräfte begannen, Bürger zu verhaften, die Videos von zerstörten Raffinerien filmten. Allein in Täbris wurden mehrere Menschen festgenommen, weil sie Aufnahmen von den Angriffen machten. Die Staatsmedien, sonst Meister der Verdrängung, konnten die Bilder nicht mehr unterdrücken – zu präsent sind sie in den Netzwerken, zu sichtbar der Rauch über den Städten. Was während des Iran-Irak-Krieges vor 40 Jahren noch möglich war – die totale Kontrolle über Informationen – ist heute eine Illusion.

Der Journalist Babak Yitzhak vom persischsprachigen Sender Iran International bringt es auf den Punkt: „Jeder Jugendliche hat heute eine Kamera in der Hand. Das Regime kann den Rauch nicht wegretuschieren.“ Auch Prof. Uzi Rabi, Iran-Experte aus Tel Aviv, warnt: „Das Regime war noch nie in einer solchen Lage. Selbst die Unterstützung durch seine Stellvertreter-Milizen bröckelt. Und die Iraner sehen, dass Israel seit über 24 Stunden ungestört am Himmel kreist. Das ist mehr als ein Symbol – das ist ein Angriff auf das Überleben des Regimes.“

Und tatsächlich: Wer genau hinhört, erkennt in den digitalen Stimmen aus dem Iran mehr als nur Trotz oder Ironie. Es ist ein kollektiver Ruf nach Veränderung, nach Befreiung, nach einem Leben ohne Angst. Der digitale Jubel über Israels Präzision hat mit Militarismus nichts zu tun – sondern mit einer jahrzehntelangen Unterdrückung, die immer mehr Menschen nicht mehr akzeptieren wollen. Dass nun ausgerechnet der äußere Feind Israels zur inneren Hoffnung vieler Iraner wird, ist keine Ironie – es ist ein bitteres, aber sprechendes Zeichen.

Es ist nicht das erste Mal, dass das iranische Volk gegen das Regime aufbegehrt. Doch diesmal stehen sie nicht nur gegen das eigene System – sie stehen auf den Schultern internationaler Ereignisse, auf einem Moment, der größer scheint als frühere Revolten. Wenn 80 Prozent der Bevölkerung laut interner Umfragen das System verachten, wenn selbst das Internet zur Waffe der Wahrheit wird – dann beginnt etwas zu wanken. Und vielleicht ist es diesmal nicht nur ein Aufstand. Sondern der Anfang vom Ende.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Official website of Ali Khamenei - http://english.khamenei.ir/photo/3331/Leader-s-Meeting-with-Air-Force-Commanders-and-Personnel, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46931509

Artikel veröffentlicht am: Samstag, 14. Juni 2025

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