Fast verhaftet wegen eines Satzes: Was Eli Dasa in Estland wirklich durchmachen musste


Ein Satz über Russland, ein geplanter Polizeieinsatz, internationale Intervention – und am Ende gellende Buhrufe. Der israelische Fußballkapitän Eli Dasa geriet in Estland in einen politischen Sturm, der mehr über Europas Spannungen verrät als über den Sport selbst.

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Es sollte ein routinierter Auftritt werden – ein weiteres Qualifikationsspiel auf dem Weg zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026. Doch was sich im estnischen Tallinn wenige Stunden vor dem 3: 1-Sieg Israels gegen die Gastgeber abspielte, war alles andere als gewöhnlich. Im Zentrum des Geschehens: Eli Dasa, Kapitän der israelischen Nationalmannschaft und ehemaliger Spieler bei Dynamo Moskau. Eine Aussage von ihm – wohlgemerkt nicht politisch, nicht aggressiv, sondern schlicht dankbar – brachte fast eine diplomatische Krise ins Rollen.

Bei der offiziellen Pressekonferenz vor dem Spiel wurde Dasa gefragt, wie er auf seine Zeit in Russland zurückblicke. Seine Antwort war offen, menschlich – und wurde ihm fast zum Verhängnis: „Ich bin ein moralischer Mensch. Ich bin dankbar für meine Jahre in Russland. Sie haben mich dort gut behandelt. Ich bin stolz, als Israeli in Russland gespielt zu haben.“ Kein Lob für Putins Krieg, keine Verharmlosung der Invasion in die Ukraine. Und dennoch: Am nächsten Morgen erschien estnische Polizei im Teamhotel, um Dasa wegen genau dieser Worte zu befragen. Wäre nicht die schnelle Intervention des israelischen Fußballverbands und sogar der FIFA erfolgt, hätte sich der Spieler womöglich in einem estnischen Verhörzimmer wiedergefunden.

Das Signal ist deutlich: Worte, die in einem Land wie Israel als persönliche Reflexion gelten, können in osteuropäischen Staaten mit Russland-Angst bereits als Provokation interpretiert werden. Estland, einst Teil der Sowjetunion, lebt mit dem ständigen Schatten des großen Nachbarn. Die Angst vor russischem Einfluss ist real – aber sie kann offenbar auch dazu führen, dass demokratische Grundrechte wie die freie Meinungsäußerung untergraben werden.

Es war Shino Zuaretz, Vorsitzender des israelischen Fußballverbands, der gemeinsam mit seinem estnischen Amtskollegen und FIFA-Offiziellen die angespannte Situation entschärfte. Die Polizei zog ab, Dasa blieb unbehelligt – doch die Stimmung war vergiftet. Während des Spiels wurde der israelische Kapitän bei jeder Ballberührung vom estnischen Publikum ausgepfiffen. Nicht wegen eines Fouls, nicht wegen unsportlichen Verhaltens – sondern wegen eines Satzes, der in jedem anderen demokratischen Land kaum mehr als ein menschlicher Rückblick gewesen wäre.

Dasa selbst blieb ruhig. Nach dem Spiel sagte er nur: „Ein Spieler wird im Laufe seiner Karriere aus den verschiedensten Gründen ausgebuht. Ich nehme das mit Liebe. In den letzten 18 Monaten war jeder Tag eine Herausforderung – zwischen schmerzhaften Nachrichten und dem Wunsch, Freude zu bringen. Es ist nicht leicht, aber es ist unser Recht, Freude zu schenken.“

Seine Worte wirken wie ein Kontrast zu der Kälte, mit der ihm begegnet wurde. Denn was sich hier zeigt, ist mehr als ein Zwischenfall: Es ist ein Spiegel der europäischen Wirklichkeit. Wo einst der Sport Brücken bauen sollte, trennen heute Misstrauen und politische Empfindlichkeiten selbst neutrale Aussagen. Wer sich im Umfeld Russlands bewegt, bewegt sich auf vermintem Gelände – auch, wenn er eigentlich nur Fußball spielen will.

Dass FIFA und die estnische Fußballvereinigung in letzter Sekunde das Schlimmste verhinderten, ist ein Glücksfall. Doch es bleibt ein bitterer Beigeschmack. Denn wenn ein israelischer Spieler fast verhört wird, weil er sich für einen respektvollen Umgang in Russland bedankt – dann steht mehr auf dem Spiel als ein WM-Ticket. Dann geht es um Meinungsfreiheit, um das Recht auf Differenzierung, um Menschlichkeit im Schatten politischer Spannungen.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: By The Israel Project - Flickr: [1], CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26515091

Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 8. Juni 2025

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