Der Streit um Tucker Carlson spaltet das konservative Lager


Viele US-Konservative ringen mit der Frage, wie sie auf Tucker Carlsons wachsende Nähe zu autoritären Regimen reagieren sollen. Statt Ausgrenzung braucht es eine inhaltliche Auseinandersetzung – auch im Interesse Israels.

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Die politischen Bruchlinien innerhalb der Vereinigten Staaten verlaufen heute nicht mehr nur zwischen den Parteien, sondern zunehmend innerhalb des konservativen Spektrums selbst. Der Konflikt um Tucker Carlson zeigt das mit ungewohnter Schärfe. Der frühere Leitkommentator, einst eine der einflussreichsten Stimmen des konservativen Amerikas, hat sich in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt von jenen Prinzipien entfernt, die ihn überhaupt zu einer prägenden Figur machten. Wo früher der Einsatz für bürgerliche Freiheiten, Skepsis gegenüber Machtkonzentration und der Wille zu offener Debatte dominierten, stehen heute Narrative, die vor allem autoritären Gegnern des Westens nutzen.

Carlsons Reichweite bleibt immens. Millionen hören ihm zu, viele folgen ihm seit Jahren. Umso gewichtiger ist die Frage, wohin er sein Publikum führt. Wer seine Auftritte, Interviews und Gastwahl aufmerksam verfolgt, erkennt eine klare Tendenz: Verständnis für das russische Regime, Beschönigung der Zustände in Venezuela, eine irritierende Offenheit für extremistische Ideologien – all das ist längst keine Ausnahme mehr, sondern Teil einer neuen Erzählung, die den Westen kleinredet und seine Gegner als vermeintliche Opfer inszeniert.

Carlson ist kein klassischer Antisemit. Doch seine heutige Rhetorik und sein Umfeld wirken wie ein Magnet für Kräfte, die den westlichen Liberalismus verachten und Israel delegitimieren wollen. Es geht daher weniger um seine persönlichen Einstellungen als um die politische Wirkung: Er bietet jenen Akteuren eine Bühne, die westliche Demokratien schwächen und pro-israelische Allianzen unterminieren möchten.

Gleichzeitig wäre es fatal, seine Anhängerschaft pauschal zu verurteilen. Das konservative Lager war immer dann stark, wenn es Ideen über Loyalität stellte, Prinzipien über Personen. Wer heute vorschnell jeden in Carlsons Nähe als kompromittiert abstempelt, schwächt genau jene pluralistische Kraft, die den Erfolg konservativer Politik überhaupt erst möglich macht.

Ein weiterer Fehler besteht darin, prominenten Kommentatoren eine Art dauerhafte Distanzierungspflicht aufzuerlegen. Viele – etwa Megyn Kelly – widersprechen Carlson offen und deutlich. Doch in den sozialen Medien werden ihre Positionen systematisch verzerrt. Aus dem Kontext gerissene Clips erzeugen den Eindruck, sie stünden inhaltlich an Carsons Seite. Es ist ein bekanntes Muster: Künstlich befeuerte Trends, orchestrierte Onlinekampagnen und aus dem Ausland gesteuerte Manipulationsnetzwerke verstärken Carlsons Botschaften und erzeugen ein trügerisches Bild von Dominanz.

Diese Entwicklung betrifft nicht nur die Vereinigten Staaten. Sie berührt direkt auch Israel. Denn ein gespaltenes konservatives Amerika bedeutet weniger Stabilität für jene Allianz, die Israels Sicherheit über Jahrzehnte getragen hat. Wo Verwirrung über die eigenen Stimmen entsteht, wächst der Einfluss jener Akteure, die Israel im internationalen System isolieren möchten.

Die Lösung liegt nicht in Ausgrenzung, sondern in einem Angebot, das stärker ist als die Provokation: bessere Argumente, klarere Prinzipien, eine moralisch robuste Vision konservativer Politik. Der Weg zurück führt über intellektuelle Transparenz – nicht über Loyalitätskämpfe. Nur so lassen sich die Unterschiede herausarbeiten zwischen konservativer Skepsis und gezielter Subversion, zwischen kritischem Denken und antidemokratischer Ablenkung.

Der Streit um Tucker Carlson ist darum mehr als ein Medienkonflikt. Er ist eine Grundsatzfrage konservativer Verantwortung: ob man einer Bewegung zutraut, sich mit ihren Irrtümern auseinanderzusetzen, ohne sich selbst zu zerreißen. Wer an die Zukunft des Westens und die Sicherheit Israels glaubt, muss darauf setzen, dass konservatives Denken stärker bleibt als jede künstlich erzeugte Spaltung.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Gage Skidmore - https://www.flickr.com/photos/gageskidmore/53067673180/, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134985230

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 18. November 2025

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