Amnesty entdeckt plötzlich die Hamas – und kneift schon beim ersten Satz


Jahrelang schwieg Amnesty zur Gewalt der Islamisten in Gaza. Jetzt folgt ein zaghafter Bericht – während Israel weiter als Hauptfeind behandelt wird. Diese „Kritik“ ist ein moralischer Offenbarungseid.

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Es wirkt fast grotesk: Ausgerechnet Amnesty International, jene Organisation, die Israel in den letzten Jahren mit einem beispiellosen Furor als „Apartheidstaat“ brandmarkte, entdeckt plötzlich die Meinungsfreiheit im Gazastreifen – und übt Kritik an der Hamas. Genauer gesagt: an den „Behörden im Gazastreifen“. Die Täter bleiben im Nebel, die Sprache vorsichtig, fast zärtlich. Man wolle lediglich daran erinnern, dass Protestierende nicht geschlagen oder bedroht werden sollten, heißt es sinngemäß. Das klingt nicht nach Empörung, sondern wie ein höflicher Hinweis an einen Partner, dem man bloß nicht zu nahe treten will.

Doch was ist passiert? Warum jetzt? Und warum so zögerlich?

Amnesty dokumentiert, dass in den vergangenen Wochen Menschen im Gazastreifen auf die Straße gegangen sind. In Beit Lahia, Jabalia, Shejaiya und Khan Yunis forderten sie ein Ende des Krieges – aber auch: ein Ende der Unterdrückung durch die Hamas. Es sind Bilder, die wir im Westen kaum zu sehen bekommen. Menschen, die sich nicht vor Israel fürchten, sondern vor ihrer eigenen Führung. Die lautstark gegen Korruption, Gewalt und Islamismus protestieren. Ihre Belohnung: Verhöre, Drohungen, Misshandlungen. All das wurde dokumentiert – von Amnesty.

Und doch wirkt der Bericht wie eine Übung. Wie ein vorsichtiger Testballon: „Können wir Hamas kritisieren, ohne dass unsere Anti-Israel-Klientel nervös wird?“ Die Antwort lautet: vielleicht. Aber das Problem liegt tiefer.

Einseitigkeit mit System

Denn dieser plötzliche Ausflug in die Wirklichkeit steht im scharfen Kontrast zu Amnestys sonstigem Umgang mit dem Nahen Osten. Wer Amnesty-Berichte über Israel liest, gewinnt oft den Eindruck, dort regiere eine brutale Diktatur. Jedes israelische Sicherheitsvorkehrung wird als gezielte Schikane gedeutet. Jedes militärische Vorgehen – auch gegen eindeutig identifizierte Terrorziele – als Menschenrechtsverletzung. Dass Israel unter ständigem Raketenbeschuss steht, dass Hamas-Tunnel unter Schulen verlaufen, dass Kinder mit Bombengürteln missbraucht werden – das findet in diesen Berichten oft kaum Erwähnung oder wird relativiert.

Und nun? Plötzlich wird festgestellt, dass die Hamas Proteste niederschlägt. Als wäre das eine neue Entwicklung. Als hätte man in den letzten Jahren nicht bewusst weggeschaut. Amnesty war nie zu schade dafür, sich für die Dämonisierung Israels instrumentalisieren zu lassen. Aber jetzt, wo selbst Palästinenser gegen die Hamas protestieren, wird der Spagat schwierig.

Kritik mit angezogener Handbremse

Denn was in Gaza passiert, ist nicht neu. Es ist systematisch. Die Hamas ist kein gewöhnlicher politischer Akteur, sondern eine Terrororganisation mit islamistischem Machtanspruch. Sie duldet keinen Widerspruch, keine freien Medien, keine abweichenden Meinungen. Und sie agiert mit der Brutalität eines Regimes, das seine Macht nur durch Angst sichern kann. Amnesty weiß das. Amnesty wusste es immer.

Aber man wollte es nicht benennen. Man hat sich bequem eingerichtet in der Rolle des selbsternannten moralischen Schiedsrichters – mit Israel als Dauerbeklagtem und den palästinensischen Gruppen als scheinbar ohnmächtigen Opfern. Dass nun auch Amnesty eingestehen muss, dass die Unterdrückung im Gazastreifen aus den eigenen Reihen kommt, bringt dieses Kartenhaus ins Wanken. Deshalb auch die vorsichtige Formulierung, das Herumdrücken um die zentrale Wahrheit: Die Hamas ist das Problem – nicht Israel.

Was wäre, wenn es Israel wäre?

Man stelle sich vor, Israel hätte regierungskritische Demonstranten geschlagen, verhört, eingeschüchtert. Amnesty hätte eine internationale Kampagne gestartet. Es gäbe Eilanträge, Boykottaufrufe, offene Briefe und Tagesschau-Sondersendungen. Doch bei der Hamas? Ein knapper Bericht, versteckt zwischen Floskeln und juristischen Umschreibungen.

Diese Doppelmoral entlarvt Amnesty mehr als jede Kritik von außen. Sie zeigt, dass Menschenrechte für die Organisation kein universeller Maßstab sind, sondern ein Werkzeug politischer Kampagnen. Wer wirklich für Meinungsfreiheit und Menschenwürde eintritt, darf nicht schweigen, wenn Islamisten ihre eigene Bevölkerung terrorisieren. Und erst recht nicht, wenn es jahrelang geschah – unter den Augen all jener, die jetzt plötzlich überrascht tun.

Amnestys zaghaftes Eingeständnis der Hamas-Repression ist kein Aufbruch zur Ehrlichkeit – es ist ein Versuch, den Anschein von Ausgewogenheit zu wahren, ohne den eigenen Kurs wirklich zu hinterfragen. Aber Glaubwürdigkeit lässt sich nicht mit Feigenblättern zurückgewinnen. Wer jahrelang weggeschaut hat, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er jemals wirklich hingesehen hat.

Autor: Andreas Krüger
Bild Quelle: By Richard Potts - https://www.flickr.com/photos/cascade_of_rant/5437953172/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=133890815

Artikel veröffentlicht am: Mittwoch, 28. Mai 2025

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