So sieht die neue Realität für Juden in den USA aus
Nach zwei schweren Anschlägen sagt die jüdische Gemeinde Großveranstaltungen ab – aus Angst. Die Warnung des FBI ist deutlich. In Texas fällt ein Pro-Israel-Kongress aus – wegen Drohungen von Hamas-Unterstützern.

Die Vereinigten Staaten galten lange als sicherer Hafen für Jüdinnen und Juden aus aller Welt. Eine stabile Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit der Religion – all das versprach Schutz. Doch im Jahr 2025 scheint dieser Schutz zu bröckeln. In Dallas, Texas, wurde ein für Anfang Juni geplantes Pro-Israel-Treffen mit über tausend Teilnehmern abgesagt – aus Angst vor einem Anschlag. Nicht irgendeinem. Sondern einem, der offen angekündigt wurde. Von Unterstützern einer Terrororganisation. In den USA. Und das ist nur ein Beispiel.
Auch der israelisch-amerikanische Gemeinde-Verband IAC hat sich entschieden, vorerst sämtliche Outdoor-Veranstaltungen abzusagen – zu groß ist die Unsicherheit, zu real die Bedrohung. Dass jüdisches Leben in Europa unter Druck steht, ist seit Jahren bekannt. Doch dass nun selbst in den USA jüdische Familien Angst haben, ihre Kinder zur Schule zu schicken, ist ein Alarmsignal von besonderer Wucht.
Die Entscheidung zur Absage fiel nach zwei Terroranschlägen in weniger als vier Wochen. In einem Fall schleuderte ein 45-jähriger Ägypter zwei Molotowcocktails auf eine jüdisch-israelische Kundgebung. Zwölf Menschen wurden verletzt. Im anderen Fall erschoss ein Mann mit lateinamerikanischen Wurzeln zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft, nachdem sie eine Gedenkveranstaltung im jüdischen Museum in Washington verlassen hatten. Er rief dabei: „Free Palestine“.
Das FBI spricht offen von einem „erhöhten Risiko“ für jüdische und israelische Einrichtungen – und tut das nicht leichtfertig. Der nationale Sicherheitsapparat ist in höchster Alarmbereitschaft. Auch das Department of Homeland Security hat seine Einschätzung der Bedrohungslage aktualisiert. Was nach formellen Behördensätzen klingt, bedeutet im Alltag für jüdische Familien, dass sie sich fragen müssen: Ist der Besuch der Synagoge sicher? Darf mein Sohn die Kippa noch tragen? Wie erkenne ich potenzielle Täter?
Die Angst kriecht in den Alltag.
„Es hat sich wirklich etwas verändert“, sagt Adam Saar, jüdischer Student aus Cleveland. „Die Gespräche in der Community drehen sich nur noch um unsere Sicherheit. Alle sind angespannt. Es fühlt sich an wie ein Damoklesschwert.“ Und tatsächlich, was wie eine rhetorische Übertreibung wirkt, ist bittere Realität: In der jüdischen Community der USA herrscht Alarmstimmung. Die Gesellschaft, einst so offen, zeigt Brüche – befeuert von sozialen Medien, Desinformation, Hasspropaganda und einer immer radikaleren linken Szene, die nicht davor zurückschreckt, Gewalt zu verharmlosen oder sogar zu rechtfertigen.
Besonders bedrohlich: Die Feindbilder haben sich verschoben. War Antisemitismus früher vor allem mit rechtsradikalen Gruppen verbunden, erleben wir heute eine neue Allianz aus islamistischen Gruppen, pro-palästinensischen Aktivisten und Teilen der akademischen Linken. Begriffe wie „Intifada“, „From the River to the Sea“ oder „Widerstand gegen den Zionismus“ sind keine Parolen mehr, sie werden zur realen Gefahr. Nicht für ein Land im Nahen Osten. Sondern für eine Gemeinde in New Jersey, in Kalifornien oder in Texas.
Das Schweigen außerhalb der jüdischen Community macht es noch schlimmer.
Denn diese Entwicklung geschieht nicht im luftleeren Raum. Viele, die sich sonst lautstark für Minderheiten einsetzen, schweigen oder relativieren, wenn es um Antisemitismus geht – besonders wenn er von Menschen mit Migrationshintergrund oder im Namen der palästinensischen Sache kommt. Die Absage der „Israel Summit“-Konferenz in Dallas erfolgte nach wiederholten Drohungen – sowohl direkt als auch über soziale Netzwerke. Die Veranstalter, darunter auch Holocaust-Überlebende und ehemalige amerikanische Regierungsmitglieder, entschieden sich schweren Herzens, das Risiko nicht einzugehen.
David Friedman, der ehemalige US-Botschafter in Israel, sprach Klartext: „Dies ist Amerika im Jahr 2025. Mein Auftritt musste abgesagt werden – wegen Bedrohungen durch gewaltbereite Dschihadisten.“ Diese Worte sind nicht übertrieben. Sie sind Ausdruck einer Realität, die längst da ist. Wer sie leugnet, verkennt die Gefahr.
Die jüdische Gemeinde steht heute an einem Punkt, an dem sie sich in vielen Teilen des Landes nicht mehr sicher fühlt.
Und diese Unsicherheit ist kein subjektives Empfinden, sondern das Ergebnis konkreter Vorfälle, gezielter Gewalt und einer rasant steigenden Zahl antisemitischer Übergriffe. Die Täter fühlen sich offenbar legitimiert – durch ein Klima, das Antisemitismus bagatellisiert, das Israel dämonisiert und jüdische Stimmen zum Schweigen bringen will.
Nach dem 7. Oktober 2023 wurde viel über Solidarität gesprochen. Doch jetzt, fast zwei Jahre später, zeigt sich, wie tief diese Solidarität wirklich reicht. Die Wahrheit ist: Viele jüdische Amerikaner fühlen sich alleingelassen. Während die Bedrohung wächst, bleibt die breite gesellschaftliche Reaktion oft aus. Es braucht nicht nur schärfere Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch eine moralische Rückendeckung. Und zwar nicht nur von Politikern, sondern von der ganzen Gesellschaft.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild
Artikel veröffentlicht am: Montag, 9. Juni 2025