Israels Anerkennung von Somaliland verschärft den Konflikt mit der Türkei
Mit der offiziellen Anerkennung Somalilands setzt Israel ein geopolitisches Signal mit weitreichenden Folgen. Ankara reagiert empört, Mogadischu spricht von einem schweren Bruch der Souveränität. Nach Syrien und Gaza öffnet sich für Israel eine weitere strategische Front.

Die Entscheidung Jerusalems, Somaliland als eigenständigen Staat anzuerkennen, ist weit mehr als ein diplomatischer Akt. Sie markiert einen bewussten Schritt in einem sich zuspitzenden Machtkampf um Einfluss in einer der sensibelsten Regionen der Welt. Das Horn von Afrika ist seit Jahren ein geopolitischer Brennpunkt. Handelsrouten, Energieinteressen, militärische Präsenz und religiöse Narrative überlagern sich dort in gefährlicher Dichte.
Für die Türkei ist der Schritt Israels eine Provokation. Ankara hat Somalia in den vergangenen zehn Jahren systematisch zu einem seiner wichtigsten außenpolitischen Projekte gemacht. Militärisch, wirtschaftlich und politisch. In Mogadischu unterhält die Türkei mit Camp Turksom ihren größten Militärstützpunkt außerhalb des eigenen Staatsgebiets. Tausende somalische Soldaten wurden dort ausgebildet, türkische Drohnen und Waffen prägen den Kampf gegen Al Shabaab. Gleichzeitig kontrollieren türkische Unternehmen zentrale Infrastrukturen wie Hafen und Flughafen der Hauptstadt.
Die Anerkennung Somalilands stellt dieses Engagement infrage. Somaliland ist faktisch seit den frühen neunziger Jahren unabhängig, verfügt über stabile Institutionen und eine funktionierende Sicherheitsstruktur. International jedoch wurde dieser Status bislang ignoriert. Israel durchbricht nun dieses Tabu. Aus israelischer Sicht ist Somaliland ein potenzieller Partner in unmittelbarer Nähe zu strategisch entscheidenden Seewegen im Golf von Aden und am Bab al Mandab. Gerade vor dem Hintergrund der Huthi Bedrohung und der iranischen Präsenz gewinnt diese Region für Israel an sicherheitspolitischer Bedeutung.
Die Reaktionen aus Mogadischu und Ankara folgten prompt. Somalias Präsident sprach von einer schweren Verletzung der territorialen Integrität. Der türkische Präsident nutzte die Gelegenheit, um seine ohnehin aggressive Rhetorik gegenüber Israel weiter zu verschärfen. Die Anerkennung Somalilands wird von Ankara als Teil eines größeren israelischen Versuchs gelesen, den türkischen Einfluss vom östlichen Mittelmeer bis nach Afrika zurückzudrängen.
Tatsächlich fügt sich der Schritt in ein größeres Bild ein. Israel sucht angesichts wachsender regionaler Spannungen neue strategische Ankerpunkte. Während die USA zögern und Europa uneinheitlich agiert, entstehen Machtvakuums, die Akteure wie die Türkei, China, Russland und Iran gezielt nutzen. Israels Vorstoß ist ein Versuch, nicht nur zu reagieren, sondern selbst Gestaltungsmacht auszuüben.
Dabei ist klar, dass diese Entscheidung Risiken birgt. Die Beziehungen zur Türkei waren bereits durch Gaza, Syrien und das östliche Mittelmeer schwer belastet. Somaliland könnte zur nächsten Bühne werden, auf der Ankara und Jerusalem indirekt gegeneinander agieren. Gleichzeitig sendet Israel ein Signal an andere Akteure in Afrika und der arabischen Welt. Partnerschaften mit Jerusalem sind möglich, auch jenseits traditioneller diplomatischer Pfade.
Die Anerkennung Somalilands ist damit kein isolierter Akt, sondern Teil einer neuen israelischen Außenpolitik, die bereit ist, Konflikte in Kauf zu nehmen, um langfristige strategische Interessen zu sichern. Ob dieser Kurs die regionale Stabilität stärkt oder neue Spannungen erzeugt, wird sich zeigen. Sicher ist nur, dass Israel sich damit bewusst in ein komplexes geopolitisches Schachspiel begeben hat, dessen Züge weit über Ostafrika hinausreichen.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Montag, 29. Dezember 2025