Erdogan rüstet zum Machtkampf – Warum die Türkei für Israel zur gefährlichsten Bedrohung geworden ist
Ein Handelsboykott, diplomatische Sabotage und ein riesiges Militär: Die Türkei stellt sich offen gegen Israel – und plant weit mehr als nur verbale Angriffe.

Lange war die Türkei trotz aller Differenzen ein stabiler Partner im Nahen Osten. Heute ist sie ein Gegner mit hochgerüstetem Militär, geopolitischem Ehrgeiz und einer ideologischen Nähe zu Israels Todfeinden.
Wer glaubt, es handle sich um kurzfristige Reibereien, verkennt das Ausmaß dieser Entwicklung. Recep Tayyip Erdogan verfolgt einen klaren Plan, der Israel direkt trifft: wirtschaftlich, politisch, militärisch – und zunehmend auch territorial.
Ein Handelskrieg mit Signalwirkung
Bis vor Kurzem galt die wirtschaftliche Kooperation zwischen Israel und der Türkei als stabilisierender Faktor. Doch seit Erdogan im Mai 2024 den vollständigen Handelsboykott ausrief, ist diese Brücke zerbrochen. Innerhalb eines Monats brach der direkte Handel um 99,5 % ein – von hunderten Millionen auf mickrige 1,5 Millionen Dollar.
Was auf den ersten Blick wie eine wirtschaftliche Reaktion auf den Gaza-Krieg wirken mag, ist in Wahrheit ein kalkulierter Schritt, um Israels Wirtschaft in Schlüsselbereichen zu schwächen. Die Zahlen sind alarmierend: Fast 30 % des Zements, 11 % der Kunststoff- und Gummiprodukte sowie 10 % der Textilien wurden aus der Türkei importiert. Ankara wusste um diese Abhängigkeit – und nutzte sie als Waffe.
NATO-Mitglied als Feind Israels
Auch auf diplomatischer Ebene wendet sich Erdogan gezielt gegen Israel. Dass er seine NATO-Mitgliedschaft benutzt, um israelische Soldaten von gemeinsamen Manövern auszuschließen, ist mehr als symbolisch. Die Türkei agiert nicht mehr als Teil einer westlichen Verteidigungsgemeinschaft – sondern als deren Störfaktor, sobald es um Israel geht.
Noch gefährlicher ist die Propaganda, die Erdogan über seine staatlichen Medienkanäle weltweit verbreiten lässt. Israel wird systematisch dämonisiert – in arabischer Sprache, auf Türkisch, Englisch und zunehmend auch auf Deutsch. Die Botschaft ist klar: Die Türkei sieht sich nicht als Vermittler, sondern als ideologischer Gegenspieler.
Eine militärische Bedrohung mit realem Zündstoff
Doch der vielleicht größte Bruch ist militärischer Natur. Die Türkei verfügt über den stärksten Marineverband im gesamten östlichen Mittelmeerraum – inklusive 13 U-Booten, 17 Fregatten und neun Korvetten, viele davon aus eigener Produktion. Ihr reguläres Heer umfasst über 350.000 Soldaten, mehr als doppelt so viele wie Israel. Das Verhältnis bei gepanzerten Fahrzeugen liegt bei 1,7 zu 1 zugunsten Ankaras, bei Panzern bei etwa 40 % mehr.
Vor allem aber: Die Türkei ist physisch präsent – nicht nur in der NATO, sondern längst auch in Syrien. Dort baut Erdogan seinen Einfluss gezielt aus und unterstützt islamistische Milizen, die sich gegen Assad und indirekt gegen israelische Interessen richten. Unter ihnen: Ahmed al-Sharaa, bekannt als Abu Mohammad al-Joulani, ein Ex-Qaida-Funktionär, der mit türkischer Hilfe zum starken Mann in Idlib geworden ist.
Mit logistischer Unterstützung aus der Türkei – inklusive jihadistischer Kämpfer aus Usbekistan und dem chinesischen Uigurengebiet – konnte sich al-Joulani festsetzen. Erdogan weiß um deren Aktivitäten, toleriert sie nicht nur, sondern fördert sie, solange sie gegen den Einfluss Irans oder Israels gerichtet sind.
Ein eigenes Kampfflugzeug und die Rückkehr der F-35
Erdogans Ambitionen machen an den Landesgrenzen nicht Halt. Obwohl die Türkei aus dem F-35-Programm ausgeschlossen wurde, nachdem sie russische S-400-Raketen kaufte, denkt Washington nun laut über eine Rückkehr Ankaras in das hochsensible Projekt nach. Donald Trump, zurück im Weißen Haus, zeigt Sympathien für Erdogan – und könnte ihm die modernsten westlichen Kampfflugzeuge doch noch überlassen.
Gleichzeitig arbeitet die Türkei an einem eigenen Kampfjet der fünften Generation: Der KAAN absolvierte 2024 seinen ersten Testflug. Ankara plant bereits mehrere Prototypen bis 2026, mit dem Ziel, den Jet bis 2030 in Serie einzusetzen. Für Israel bedeutet das: Ein technologischer Vorsprung in der Luft ist nicht mehr garantiert.
Neo-Osmanismus trifft auf politische Islamdoktrin
Erdogans ideologisches Fundament ist eine gefährliche Mischung: Er ist nicht nur ein politischer Islamist mit enger Nähe zur Muslimbruderschaft, sondern auch ein Verfechter des Neo-Osmanismus. Die Türkei sieht sich nicht mehr als Nationalstaat unter vielen, sondern als wiedererwachende Großmacht. Militärbasen in Somalia, permanente Truppen in Katar, Energieprojekte in Afrika – all das zeigt die Richtung.
Israel hat diesen Wandel lange unterschätzt. Während man sich in Jerusalem auf die iranische Bedrohung konzentrierte, nutzte Ankara die Gelegenheit, um systematisch neue Einflussräume zu schaffen – und dabei immer wieder mit radikalen Kräften zu kooperieren, die Israel offen den Untergang wünschen.
Dieser Konfrontationskurs ist keine rhetorische Spielerei, sondern Teil einer langfristigen Strategie. Die Türkei bereitet sich auf einen regionalen Machtkampf vor – und Israel ist darin nicht Partner, sondern Gegner. Die reale Gefahr eines bewaffneten Konflikts, etwa im Luftraum über Syrien oder im östlichen Mittelmeer, ist keine Theorie mehr, sondern eine Option auf Erdogans Karte.
Die israelische Öffentlichkeit beginnt zu begreifen, wie ernst die Lage ist. Doch ein echtes Umdenken in Politik und Verteidigung findet nur langsam statt. Dabei ist klar: Eine Türkei, die militärisch hochgerüstet, ideologisch feindselig und diplomatisch geschickt agiert, ist nicht einfach nur ein schwieriger Nachbar – sie ist ein strategischer Gegner.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Freitag, 30. Mai 2025