„Ein manchmal fliegender Schrotthaufen“: Warum das iranische Regime seine Luftwaffe bewusst verrotten lässt


Die Islamische Republik hat die einst modernste Luftflotte des Nahen Ostens verfallen lassen – aus Kalkül. Statt Kampfjets setzt Teheran auf Drohnen, Raketen und Ideologie.

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Die Himmel über Teheran sind still. Nicht, weil es keinen Krieg gäbe – sondern weil dem Iran faktisch die Mittel fehlen, mitzuspielen. In einer Region, in der fast jeder Staat in moderne Luftüberlegenheit investiert, gleicht die iranische Luftwaffe einem technischen Friedhof. Eine Sammlung musealer Maschinen, notdürftig zusammengeflickt und ohne echte Schlagkraft. Wer heute den Zustand der iranischen Luftstreitkräfte betrachtet, sieht nicht nur ein militärisches Versagen – sondern eine bewusste Entscheidung des Regimes: gegen die Zukunft und für den Mythos der Stärke.

Dabei war es einmal anders. Vor der Islamischen Revolution 1979 galt Irans Luftwaffe als eine der fortschrittlichsten weltweit. Der Schah hatte Milliarden in moderne US-amerikanische Kampfflugzeuge wie die F-14 Tomcat gesteckt. Die Piloten wurden in den USA ausgebildet, die Wartung lief nach NATO-Standards, das Personal war hochqualifiziert. Doch dann kam Khomeini – und mit ihm die totale Isolation.

Der Bruch mit Washington bedeutete nicht nur das Ende neuer Waffenlieferungen. Auch jedes Ersatzteil wurde zur Rarität. Wartung wurde zum Glücksspiel. Modernisierung – ein Fremdwort. Inzwischen ist der „Luftwaffe“ genannte Restbestand ein Flickwerk aus ausgemusterten amerikanischen Maschinen, sowjetischen Überbleibseln und chinesischen Nachbauten. Flugzeuge wie die F-4 Phantom oder die F-5 Freedom Fighter – längst aus westlichen Armeen verschwunden – sind im Iran immer noch im aktiven Dienst. Von hochgerüsteten F-14 ganz zu schweigen: Ihre einstige Überlegenheit ist nur noch eine Erinnerung aus dem Kalten Krieg.

Was bleibt, ist Improvisation. „Das ist kein Wartungssystem, das ist permanenter Notbehelf“, sagt der israelische Militäranalyst Dr. Yehoshua Kalisky. Ersatzteile werden aus ausgeschlachteten Maschinen gewonnen, ganze Flugzeuge dienen als Ersatzteillager für andere. In manchen Fällen fliegt ein Jet – wenn überhaupt – nur, weil zwei andere dafür ausgeschlachtet wurden. Flugstunden sind selten, Manöver noch seltener. Kampfeinsatz? Fehlanzeige.

Hinzu kommt ein Problem, das sich nicht reparieren lässt: Ausbildung. Es ist schlicht unmöglich, moderne Kampfpiloten auf veralteten Maschinen auszubilden. Ohne moderne Avionik, digitale Systeme und Echtzeit-Simulationen ist ein Jetpilot nicht mehr als ein gut trainierter Nostalgiker. Der Iran aber hat weder die Systeme noch das Budget – und offenbar auch nicht den Willen, das zu ändern.

Und doch: Diese strategische Vernachlässigung ist kein bloßes Versäumnis. Es ist Teil eines ideologischen Paradigmenwechsels. Seit dem Krieg gegen den Irak, in dem Saddam Husseins Luftangriffe Iran schwer trafen und die eigene Luftwaffe wirkungslos blieb, setzt Teheran auf andere Mittel der Kriegsführung: ballistische Raketen, Marschflugkörper, Kamikaze-Drohnen. Waffen, die keine Piloten brauchen, keine aufwändigen Infrastrukturen. Einfach auf eine mobile Rampe montieren – und feuern. Keine Ausbildung, keine Luftbetankung, keine Flugtechnik.

Die Konsequenz? Iran investiert lieber in Präzisionsraketen, die Israel oder die US-Stützpunkte im Irak erreichen können, als in eine Luftwaffe, die ohnehin keine Überlebenschance gegen Israels überlegene F-35 oder F-15 hätte. Was in westlicher Sicht wie Rückständigkeit wirkt, ist aus Sicht des Regimes reine Logik: Warum Milliarden in alternde Kampfjets versenken, wenn ein einziger Drohnenangriff auf einen saudischen Öltanker globalen Aufruhr erzeugt?

Dass dabei der Zustand der Luftwaffe groteske Züge annimmt, zeigt ein aktueller Bericht: Israelische Quellen berichten von einem Luftschlag auf ein iranisches Tankflugzeug nahe der turkmenischen Grenze. Die Frage, warum Teheran überhaupt noch Tankflugzeuge betreibt, obwohl kein einziger Jet ihrer Flotte in der Lage wäre, auch nur in die Nähe Israels zu fliegen, beantwortet Kalisky mit bitterem Spott: „Das ist eher eine Frage für Psychologen als für Strategen. Vielleicht ist es Nostalgie. Vielleicht Symbolpolitik. Vielleicht ein letztes Relikt aus Tagen der Partnerschaft mit den USA.“

Was bleibt, ist ein Luftwaffenmuseum im aktiven Dienst. Eine militärische Fassade, die auf Drohgebärden statt auf Substanz setzt. Der Iran hat seine Luftwaffe nicht vergessen – er hat sie geopfert. Für eine Kriegsführung, die ohne Piloten auskommt, aber nicht ohne Propaganda. Das Flugzeug als Symbol – nicht als Waffe. Und vielleicht ist genau das der gefährlichste Teil dieser Strategie.

Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle: By Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=125051371

Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 19. Juni 2025

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