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IDF gründet eigene KI Division als direkte Konsequenz des Versagens am 7. Oktober


Nach dem schwersten sicherheitspolitischen Zusammenbruch in der Geschichte Israels zieht die Armee strukturelle Lehren. Eine neue KI Division soll Entscheidungsprozesse beschleunigen, Informationsfluten beherrschbar machen und verhindern, dass Warnsignale erneut übersehen werden.

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Der 7. Oktober hat die israelischen Streitkräfte nicht nur militärisch, sondern auch organisatorisch erschüttert. Fehlende Lagebilder, unzureichende Vernetzung von Informationen und langsame Entscheidungsprozesse trugen dazu bei, dass der Angriff der Hamas nicht rechtzeitig erkannt wurde. Als unmittelbare Antwort darauf hat die israelische Armee nun eine eigenständige Abteilung für künstliche Intelligenz eingerichtet.

Die neue KI Division wurde innerhalb der C4I und Cyberabwehrdirektion der IDF aufgebaut und untersteht dem Kommando von Generalmajor Aviad Dagan. Sie markiert einen tiefgreifenden strukturellen Wandel. Ziel ist es, künstliche Intelligenz systematisch in nahezu alle Bereiche militärischer Planung, Führung und Logistik zu integrieren.

Kernstück der neuen Struktur ist eine spezielle Reserveeinheit mit dem Namen AIDF. Sie soll hochqualifizierte Fachkräfte aus der israelischen Hightech Industrie in den militärischen Alltag einbinden. Die Armee verfolgt damit einen klaren Ansatz. Innovationskraft und Geschwindigkeit sollen nicht mehr ausschließlich aus dem Inneren der Streitkräfte kommen, sondern gezielt aus der zivilen Technologiebranche ergänzt werden.

Ein Offizier im Rang eines Oberstleutnants, der maßgeblich am Aufbau der neuen Einheit beteiligt ist, beschreibt die Ausgangslage nüchtern. Die IDF sei eine extrem große Organisation mit enormen Datenmengen, die täglich erzeugt werden. Befehle, Lageberichte, Sensordaten, Anweisungen und operative Informationen fließen parallel in verschiedenen Ebenen. Ohne intelligente Systeme sei es kaum möglich, daraus rechtzeitig handlungsrelevante Entscheidungen abzuleiten.

Am Morgen des 7. Oktober verließ der Offizier unmittelbar nach den ersten Raketenstarts sein Haus und fuhr zum Hauptquartier in Tel Aviv. Dort war er für den Bereich Luftverteidigung innerhalb der C4I Direktion zuständig. Seine unmittelbare Aufgabe bestand darin, die Angriffe auf Abschussrampen zu präzisieren. Später übernahm er selbst operative Aufgaben als Bediener unbemannter Luftfahrzeuge. Diese Erfahrungen prägen nun die neue Konzeption.

Die KI Division soll nicht nur operative Prozesse unterstützen, sondern vor allem die Schnittstellen zwischen verschiedenen Einheiten verbessern. Künstliche Intelligenz soll dabei helfen, Informationen aus unterschiedlichen Quellen zusammenzuführen, zu priorisieren und so aufzubereiten, dass Entscheidungsträger sie in Echtzeit nutzen können. Der Fokus liegt nicht auf der bloßen Sammlung von Daten, sondern auf ihrer Verdichtung zu einem klaren Lagebild.

Bereits vor der offiziellen Gründung der Division wurden erste KI basierte Systeme getestet. Dazu gehört ein Algorithmus, der in Echtzeit Prozesse der Heimatfrontverteidigung unterstützt und bei Identifikation sowie Abfangentscheidungen in der Luftverteidigung hilft. Solche Anwendungen gelten innerhalb der Armee als Beispiel für den praktischen Nutzen der neuen Technologie.

Ein weiteres Projekt mit dem Namen Osnat widmet sich der Simulation komplexer Szenarien. Ziel ist es, Entscheidungsabläufe zu trainieren und alternative Entwicklungen systematisch durchzuspielen. Die Erstellung realistischer Übungen ist traditionell zeit und personalintensiv. Mithilfe künstlicher Intelligenz sollen Szenarien schneller entworfen, variiert und in groß angelegte Stabsübungen integriert werden. Dabei werden auch externe Akteure wie Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr eingebunden.

Neben operativen Anwendungen spielt auch der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle. Ein weiteres Projekt zielt darauf ab, Beschaffungsprozesse zu optimieren. KI Systeme sollen helfen, Lieferanten zu identifizieren, Anforderungen zu prüfen und Kosten realistisch zu bewerten, noch bevor formelle Ausschreibungen beginnen. Die Armee erwartet dadurch erhebliche Einsparungen und eine deutlich höhere Effizienz.

Zentral für die neue Division ist der Umgang mit Informationsüberlastung. Die IDF erzeugt täglich riesige Mengen an Daten, während die Personalstruktur durch häufigen Wechsel geprägt ist. Künstliche Intelligenz soll es Soldaten und Offizieren ermöglichen, vorhandenes Wissen schnell abzurufen und organisationsübergreifend zu nutzen. Davon sollen alle Direktionen profitieren, vom Operationsstab über den militärischen Nachrichtendienst bis hin zu Logistik und Personalwesen.

Ein besonders sensibler Bereich ist die Auswertung von Bild und Videomaterial. Der 7. Oktober hat gezeigt, dass Sicherheitsbehörden zwar über zahlreiche Sensoren verfügten, deren Informationen jedoch nicht rechtzeitig zu einem konsistenten Lagebild zusammengeführt wurden. Die neue Division arbeitet daran, Videoinhalte automatisiert zu analysieren, in Text umzuwandeln und mit anderen Datenquellen zu verknüpfen. Ziel ist es, auffällige Muster, verdichtete Ereignisse oder außergewöhnliche Aktivitäten frühzeitig zu erkennen.

Dabei geht es nicht um einzelne Kamerabilder, sondern um die Auswertung großer Mengen von Material, einschließlich öffentlich verfügbarer Inhalte aus sozialen Netzwerken. Solche Daten sollen künftig Hinweise auf eskalierende Lagen liefern können, bevor sie sich militärisch manifestieren.

Innerhalb der Armee wird die neue Division nicht nur als technisches Projekt verstanden, sondern als kultureller Wandel. Die AIDF Einheit soll abteilungsübergreifend arbeiten, Projekte anstoßen und dort eingreifen, wo es bislang keine geeigneten Lösungen gab. Die Führung setzt bewusst auf Offenheit gegenüber externem Wissen und neuen Denkansätzen.

Der Aufbau der Reserveeinheit läuft bereits. In der ersten Phase sollen rund 100 Spezialisten gewonnen werden. Die Armee richtet sich gezielt an Entwickler, Datenanalysten und KI Experten aus der Privatwirtschaft. Der Appell ist klar. Wer über Fähigkeiten verfügt, die zur nationalen Sicherheit beitragen können, soll sie einbringen.

Aus Sicht der IDF ist die Gründung der KI Division ein notwendiger Schritt. Sie soll nicht garantieren, dass es nie wieder zu einem Versagen kommt. Aber sie soll die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Warnzeichen übersehen werden, weil Informationen nicht rechtzeitig zusammengeführt oder verstanden werden. Der 7. Oktober bleibt dabei der zentrale Bezugspunkt. Nicht als technisches Problem, sondern als Mahnung, dass moderne Kriegsführung ohne intelligente Informationsverarbeitung nicht mehr beherrschbar ist.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF

Artikel veröffentlicht am: Mittwoch, 24. Dezember 2025

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