Die letzte Schlacht von Rafah: Wie 200 eingeschlossene Hamas-Kämpfer Israels Armee vor eine harte Entscheidung stellen


Rafah wirkt still – doch unter der Erde tobt der Kampf, den niemand erwartet hatte. Eingeschlossene Terroristen, eine Regierung am Rand einer Krise und Soldaten, die nur ein klares Ziel vor Augen haben: Wer hier bleibt, kapituliert oder stirbt.

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Der Krieg ist offiziell vorbei. Die Waffen schwiegen Anfang Oktober, und die Welt blickte auf Verhandlungen, auf Wiederaufbau, auf internationale Missionen. Doch im Osten von Rafah blieb ein Fragment dieses Krieges zurück – ein gefährlicher Rest, der nur sichtbar wird, wenn man sich 600 Meter an jene Linien heranbegibt, an denen die israelischen Kräfte die letzten Überlebenden einer abgeschlossenen Unterwelt erwarten.

Rund 200 Hamas-Kämpfer hatten sich in den Tunneln von Rafah verschanzt, abgeschnitten vom Rest des Gazastreifens, ohne Kontakt zu ihrer Führung, ohne Versorgung, ohne Ausweg. Der Waffenstillstand war in Kraft, als sie feststellten, dass sie sich auf der israelischen Seite der Grenze befanden. Seitdem läuft eine Operation, die man kaum geplant, aber mit Entschlossenheit angenommen hat.

Die Soldaten der Golani- und Nahal-Brigaden arbeiten sich seit Wochen durch das unterirdische Gelände. Sie kartieren, sperren Tunnelabschnitte ab, zerstören Versorgungspunkte und engen den Raum immer weiter ein. Der Kommandeur der Golani-Brigade, Oberst Adi Gonen, bringt es auf den Punkt: Das Ziel sei es, „den Feind zu finden und zu zerstören – oder seine Kapitulation anzunehmen“. Genau das geschah kürzlich. Siebzehn Kämpfer tauchten aus dem Untergrund auf – elf wurden getötet, sechs ergaben sich. Sie berichteten später von Hunger, Durst und wachsender Panik.

Ein Konflikt, der Jerusalem erschütterte

Diese Operation blieb nicht ohne politische Folgen. Die Frage, was mit den eingeschlossenen Kämpfern geschehen soll, führte in Jerusalem zu einer fast existenziellen Regierungskrise. US-Emissäre reisten an, um einen Deal zu vermitteln: Man solle die Kämpfer in den Hamas-kontrollierten Teil Gazas zurückkehren lassen, wenn sie ihre Waffen an Ägypten übergäben. Ein Vorschlag, der Israel spaltete.

Finanzminister Betzalel Smotrich und Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir drohten offen mit dem Bruch der Koalition, sollte Premierminister Netanyahu die Kämpfer freilassen. Der Generalstabschef wiederum schwankte zwischen strategischer Vorsicht – um die Waffenruhe nicht zu gefährden – und der klaren militärischen Logik: Wer bewaffnet im israelischen Sektor bleibt, muss entweder aufgeben oder wird bekämpft.

Warum die Kämpfer blieben

Die eingeschlossenen Terroristen blieben, weil sie bis zuletzt glaubten, unentdeckt bleiben zu können. Einige waren möglicherweise von der Führung abgeschnitten, andere vertrauten auf die Komplexität ihrer Tunnel. Manche rechneten damit, dass die IDF im Zuge des Leichenrücktransfers israelischer Geiseln ohnehin den Bereich räumen müsse. Sie irrten sich in allem.

Heute beschreibt die Armee jene, die sich ergaben, als entkräftet, ausgezehrt und ohne jeden Zusammenhalt. Viele seien davon ausgegangen, irgendwann unbemerkt in Richtung Westen entkommen zu können. Doch Israels Überwachungssystem erkannte selbst kleinste Bewegungen – ein Hermes-450-Drohnenangriff beendete jeden Versuch der Flucht.

Die Realität unter der Erde

Die Armee zerstörte bislang rund 60 Ziele, darunter 15 Schachtöffnungen, und legte mehrere hundert Meter Tunnel still. Nach Einschätzung der Einsatzkräfte wurden zahlreiche der Kämpfer bereits unter der Erde getötet – begraben unter den Trümmern der eigenen Infrastruktur. Die Mehrheit dürfte inzwischen nicht mehr kampffähig sein.

Trotzdem bleibt die Auftragserfüllung kompliziert. In Rafah existieren kaum oberirdische Strukturen, die Lage ist offen, der Boden unberechenbar. Für die Soldaten ist klar: Wenn die letzten Zellen eingeschlossen sind, beginnt Phase zwei – die systematische Vernichtung der verbliebenen Tunnel und die endgültige Entscheidung für jene, die sich darin noch verstecken.

Die Grenze zwischen Krieg und Waffenruhe

Diese unerwartete Schlacht brachte die Waffenruhe mehrfach an den Rand des Scheiterns. Der Hamas-Führung war der Vorfall unangenehm. Sie drohte öffentlich, die Vereinbarung aufzukündigen. Doch Israel nutzte die Lage unerwartet klug: Die Präsenz der eingeschlossenen Kämpfer setzte die Hamas unter Druck, fast alle Leichen entführter Israelis zurückzugeben. Ein strategischer Dreh, der die Konfliktlogik wieder auf die Seite Jerusalems brachte.

Die Lage heute

Der Waffenstillstand hält vorerst. Aber die Operation in Rafah geht weiter. Die internationale Stabilisierungstruppe, die Anfang 2026 eintreffen soll, ist in der Armee kein reales Thema – es gibt keine Übungen, keine Abstimmungen, keine Vorbereitung. Die Soldaten sind im Jetzt verankert. Ihre Aufgabe ist klar umrissen und nicht delegierbar.

Und die Lektion dieser Schlacht ist brutal klar: Sicherheit entsteht nicht durch Papiere, sondern durch Kontrolle. Wer im Schatten unter der Erde bleibt, ist bewaffnet. Wer bewaffnet bleibt, ist ein Ziel. Und wer eingeschlossen ist, hat nur zwei Möglichkeiten.

Kapitulation – oder Tod.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 25. November 2025

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