„Sie benutzten mich als Sandsack“ – Elizabeth Tsurkov bricht ihr Schweigen nach 903 Tagen in Gefangenschaft


Die israelisch-russische Forscherin beschreibt erstmals ihre zweieinhalbjährige Haft durch die pro-iranische Miliz Kataib Hisbollah im Irak – Folter, sexuelle Gewalt und Isolation. Ihre Freilassung erfolgte dank massiven Drucks aus Washington.

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Nach zweieinhalb Jahren in der Gewalt der schiitischen Terrororganisation Kataib Hisbollah hat die israelisch-russische Forscherin Elizabeth Tsurkov zum ersten Mal über ihr Martyrium gesprochen. In einem ausführlichen Interview mit der New York Times schildert die 38-Jährige den körperlichen und seelischen Horror, den sie seit ihrer Entführung im März 2023 in Bagdad durchlebte.

„Sie benutzten mich im wahrsten Sinne als Sandsack“, sagte sie. Tsurkov wurde geschlagen, an der Decke aufgehängt, mit Stromschlägen misshandelt und immer wieder bewusstlos geprügelt. Ihre Peiniger, Angehörige einer vom Iran finanzierten Miliz, zwangen sie in schmerzhafte Positionen, die dauerhafte Verletzungen an Rücken und Schultern verursachten. Zwischenzeitlich, so berichtet sie, verlor sie mehrfach das Bewusstsein, nur um mit kaltem Wasser wieder zu sich gebracht und weitergequält zu werden.

Zu den schlimmsten Phasen gehörten die ersten Monate nach ihrer Entführung: unzählige Schläge, Demütigungen und wiederholte sexuelle Übergriffe. „Ich wurde systematisch entmenschlicht“, sagte sie. Die Miliz, die offiziell als Teil der sogenannten „Volksmobilisierungskräfte“ auch staatliche Gelder aus Bagdad bezieht, gilt als eine der brutalsten iranischen Stellvertretergruppen im Irak.

Tsurkov war im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Princeton University im Land unterwegs, um die schiitische Bewegung zu erforschen. Sie reiste mit ihrem russischen Pass ein und gab sich als russische Wissenschaftlerin aus – eine Entscheidung, die sie beinahe das Leben gekostet hätte. Ein Treffen mit einer vermeintlichen Kontaktperson in einem Bagdader Café stellte sich als Falle heraus. Männer stürmten heran, schlugen sie, zerrten sie in ein schwarzes Fahrzeug und verschleppten sie in ein abgelegenes Haus. Erst dort, nachdem man auf ihrem Handy Hinweise auf ihre israelische Identität fand, begannen die massiven Verhöre und Folterungen.

Unter Zwang gestand sie erfundene „Geständnisse“, um den Misshandlungen zu entgehen. Einer der Wärter schlug ihr einen Zahn aus – „Dieser Zahn fehlt wegen ihm“, sagte sie der NYT. Der Anführer der Haftanstalt, den sie „den Oberst“ nannte, habe sie ständig mit sexualisierten Drohungen terrorisiert.

Im Sommer 2023, nachdem die israelische Regierung ihre Entführung öffentlich bestätigt hatte, wurde Tsurkov in ein geheimes Lager nahe der iranischen Grenze verlegt. Dort hielt man sie über zwei Jahre lang in vollständiger Isolation. „Ich habe nie die Sonne gesehen“, sagte sie. Um die Welt über ihren Zustand zu informieren, bediente sie sich später versteckter Botschaften: In einem Propagandavideo, zu dem sie gezwungen wurde, erwähnte sie angeblich ihren Wohnort im Viertel „Gan HaHashmal“ – ein Codewort, da hashmal auf Hebräisch „Elektrizität“ bedeutet, als Hinweis auf Elektroschocks. Auch der erfundene Name eines angeblichen israelischen Kontaktmanns, „Ethan Nuima“, war ein Wortspiel auf das hebräische inuim – Folter.

Nach 903 Tagen endete die Gefangenschaft abrupt. Blind gefesselt wurde sie in einem Auto in Richtung Bagdad gebracht und schließlich einem irakischen Beamten in einer Tiefgarage übergeben. In einem Gästehaus untersuchten sie erstmals weibliche Ärzte – die ersten Frauen, die sie seit ihrer Entführung gesehen hatte.

Ihre Rückkehr nach Israel erfolgte im September. Im Sheba-Krankenhaus begannen sofort medizinische Untersuchungen; Ärzte stellten bleibende Nervenschäden fest. Dennoch bestand das medizinische Team darauf, dass Tsurkov die Klinik aufrecht betritt, um symbolisch zu zeigen, dass sie „nicht gebrochen“ zurückkehrt.

Ihre Freilassung kam nur durch massiven diplomatischen Druck zustande. Laut New York Times intervenierte die Regierung von Präsident Donald Trump wiederholt in Bagdad, entsandte Sondergesandte und stellte klare Forderungen an die irakische Führung. „Ich glaube wirklich, dass ich ohne diese Anstrengungen gestorben wäre“, sagte Tsurkov.

Der Fall der israelisch-russischen Forscherin wirft ein grelles Licht auf die wachsende Gefahr, die von pro-iranischen Milizen in der Region ausgeht – Gruppen, die sich faktisch der Kontrolle des irakischen Staates entzogen haben und israelische Staatsbürger gezielt ins Visier nehmen. Tsurkovs Schilderungen sind zugleich ein menschliches Zeugnis und eine politische Mahnung: Dass Freiheit im Nahen Osten nicht selbstverständlich ist – und dass die Verantwortung, Verschleppte nach Hause zu bringen, keine nationale, sondern eine moralische Verpflichtung bleibt.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO

Artikel veröffentlicht am: Freitag, 7. November 2025

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