„Athen und Sparta“ – Netanjahus Warnung vor einer autarken israelischen Wirtschaft


Nach seiner martialischen Rede zum Thema „Sparta“ hat Premierminister Benjamin Netanjahu gestern Abend eine große Wirtschaftspressekonferenz abgehalten. Im Zentrum stand die Ankündigung, dass Israel sich auf eine Wirtschaft mit autarken Zügen einstellen müsse – eine Botschaft, die die Märkte erschütterte und nun weitreichende Debatten auslöst.

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Es war kein gewöhnlicher Auftritt des israelischen Premierministers. Netanjahu sprach am Montag zunächst beim Jahrestreffen des Finanzministeriums, wo er den Satz fallen ließ, der seither in den Schlagzeilen dominiert: Israel müsse „mehr und mehr lernen, mit einer Wirtschaft zu leben, die autarke Züge trägt“. Mit einem historischen Vergleich brachte er die Lage auf den Punkt: „Wir werden gleichzeitig Athen und eine Super-Sparta sein müssen.“

Zwischen Kriegslasten und Wirtschaftswachstum

Gemeint war damit nicht nur eine rhetorische Zuspitzung, sondern eine nüchterne Analyse: Zwei Jahre Krieg gegen Iran und die anhaltende Konfrontation mit Hamas, Hisbollah und den Huthi-Rebellen haben Israels Wirtschaft stärker beansprucht, als offizielle Statistiken zeigen. Zugleich haben Sanktionen und internationale Boykottaufrufe – etwa aus Spanien oder von UN-Gremien – die außenwirtschaftliche Unsicherheit verstärkt.

Israel, so Netanjahu, werde nicht umhinkommen, Teile seiner Versorgung stärker selbst in die Hand zu nehmen. Energie, Lebensmittel, Rüstung, Hightech – alles müsse auf die Probe gestellt werden, ob es im Notfall ohne internationale Zulieferketten gesichert werden könne. Diese Botschaft traf Investoren und Märkte mit voller Wucht.

Stärke trotz widrigster Umstände

In der Pressekonferenz, die Netanjahu zusammen mit Wirtschaftsminister Nir Barkat hielt, versuchte der Premier, die Balance zwischen Alarm und Zuversicht zu halten. Zunächst auf Hebräisch, dann direkt an internationale Anleger auf Englisch gewandt, sagte er:

„Die israelische Wirtschaft ist erstaunlich stark. Sie überrascht die Welt – trotz zwei Jahren Krieg. Ein führender Analyst sagte mir: Er könne nicht glauben, welche Zahlen er sieht. Entgegen allen Prognosen steht der Schekel heute stärker da als vor dem Krieg. Der Dollar zum Schekel hat sich dramatisch zu unseren Gunsten entwickelt.“

Netanjahu machte klar, dass dieser Befund kein Anlass zur Selbstzufriedenheit sei. Er betonte, dass die Widerstandskraft der israelischen Wirtschaft auf harter Arbeit, Innovation und globaler Verflechtung beruhe – doch eben auch auf der Fähigkeit, im Ernstfall alleine bestehen zu können.

Die Botschaft an die Welt

Mit seiner Rede sendete Netanjahu ein doppeltes Signal. Nach innen: Israel muss sich wappnen für eine Welt, in der Freunde nicht immer verlässlich und Gegner stets aggressiv sind. Nach außen: Israel ist nicht erpressbar, weder durch Handelsboykotte noch durch politische Sanktionen.

Die Symbolik „Athen und Sparta“ unterstreicht, wie Netanjahu das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Sicherheit sieht. Athen steht für Wissenschaft, Kultur und Innovation; Sparta für Wehrhaftigkeit und Opferbereitschaft. Beides zugleich zu verkörpern sei für Israel keine Wahl, sondern Notwendigkeit.

Offene Fragen

Doch bei allem Pathos bleiben Fragen offen: Wie weit soll die Autarkie reichen? Wie können Hightech-Industrien gedeihen, wenn internationale Märkte brüchig werden? Und welche sozialen Folgen hat es, wenn das Land stärker auf Eigenversorgung setzt?

Klar ist: Netanjahu hat mit seiner Ankündigung einen neuen wirtschaftspolitischen Ton gesetzt. Für viele Israelis bedeutet das eine Rückkehr zur alten Pionierhaltung – ein Land, das in ständiger Bedrohung wächst, gedeiht und überlebt. Für die Märkte bedeutet es Unsicherheit, für die Gegner Israels ein Signal der Unbeugsamkeit.

Ob die Strategie trägt, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen. Sicher ist nur: Israels Wirtschaft wird nicht länger selbstverständlich auf offene Globalisierung vertrauen, sondern sich auf eine härtere, selbstbewusstere Zukunft einstellen müssen.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 16. September 2025

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