„Du hast uns verraten“ – Wie eine Palästinenserin zur Zielscheibe wurde, weil sie hungernden Menschen helfen wollte


Sie wollte Lebensmittel liefern – nun drohen ihr Hamas-Anhänger mit dem Tod. Die Geschichte der Ostjerusalemerin Sara Awaida zeigt, wie humanitäre Hilfe in Gaza zu einem lebensgefährlichen Akt wird.

haOlam-News.de - Nachrichten aus Israel, Deutschland und der Welt.

Sara Awaida wollte nichts weiter, als Menschen in Gaza zu helfen. Über Monate organisierte sie aus Ostjerusalem heraus mit einer kleinen Gruppe Freiwilliger Lebensmitteltransporte in den Norden des Gazastreifens – jenen Teil, den internationale Hilfsorganisationen wegen akuter Unsicherheit weitgehend meiden. Über 100.000 Familien konnten sie mit dem Nötigsten versorgen. Doch ihr Mut wurde nicht mit Dank, sondern mit Morddrohungen belohnt.

Die Täter? Nicht etwa israelische Behörden – im Gegenteil: Die Zusammenarbeit mit Israel, darunter die Koordination über die Grenzübergänge Kerem Shalom und Zikim, funktionierte reibungslos. Der Hass kam von der eigenen Seite: Hamas-Anhänger, aber auch palästinensische Händler, die ihre überteuerten Preise durch die kostenlosen Hilfsgüter in Gefahr sahen. Inzwischen lebt Awaida in einer israelischen Schutzwohnung – anonym, untergetaucht, in Angst. Ihr Vergehen: Barmherzigkeit.

Hilfe, die den Falschen nicht passt

Die in Zusammenarbeit mit dem Regionalhilfswerk MENA Aid durchgeführte Aktion hatte ein Ziel: den Menschen im Norden des Gazastreifens direkte Hilfe zu bringen – ohne Umwege, ohne Zwischenlager, ohne politische Agenda. Die Hilfslieferungen kamen über den Hafen von Aschdod, wurden unter israelischer Aufsicht an die Übergänge gebracht und von Awaidas Team direkt verteilt. Laut ihrer eigenen Bilanz wurden zwischen September 2024 und Februar 2025 insgesamt 346 Lastwagen mit Hilfsgütern durchgebracht.

Doch genau dieser direkte Zugang, der das Leid vieler linderte, ist Hamas und lokalen Kriegsgewinnlern ein Dorn im Auge. „Hamas will, dass die Preise hoch bleiben“, sagt Awaida in einem Interview mit Fox News. „Sie wollen nicht, dass irgendjemand Essen verschenkt. Das zerstört ihr Geschäftsmodell.“

Die Drohungen begannen subtil – über soziale Medien, anonyme Nachrichten, misstrauische Blicke. Dann wurden sie persönlich. Freunde distanzierten sich. Männer, die sie früher als Unterstützer kannte, forderten, sie solle aufhören. Schließlich kam die Nachricht, die sie alles abbrechen ließ: „Du hast uns verraten. Du wirst dafür bezahlen.“ Seither lebt sie versteckt.

Zwischen Terror, Profit und zynischer Gleichgültigkeit

Die Tragödie liegt nicht allein in den Morddrohungen. Sie liegt in der systematischen Sabotage von Hilfeleistungen durch genau jene Kräfte, die sich selbst als Verteidiger der palästinensischen Sache inszenieren. Während in westlichen Redaktionen das Bild eines „belagerten Gaza“ gezeichnet wird, das nur von außen leidet, zeigt Awaidas Geschichte eine zweite Wahrheit: Die Unterdrückung kommt auch von innen.

Humanitäre Hilfe ist in Gaza kein neutraler Akt. Sie ist Teil eines Machtkampfes. Wer hilft, greift in ein System von Kontrolle, Korruption und Erpressung ein. Wer Lebensmittel verteilt, bringt das Kartenhaus derer zum Wanken, die von künstlicher Not profitieren – ob politisch oder wirtschaftlich. Hamas kontrolliert nicht nur Waffen, sondern auch Märkte. Und der Hunger ist Teil ihrer Strategie.

In Awaidas Fall ist diese Realität brutal sichtbar geworden. Während internationale Medien sich vor allem auf israelische Militäreinsätze konzentrieren, bleibt das Schweigen über innerpalästinensische Repression fast vollständig. Kein Aufschrei über die Bedrohung einer Frau, die nur helfen wollte. Keine Empörung über mafiöse Strukturen, die Not zu Geld machen. Keine Schlagzeilen über die Ironie, dass ausgerechnet Israel der einzige Akteur war, mit dem sie sicher kooperieren konnte.

Die Lüge von der "belagerten Einheit"

Sara Awaidas Geschichte zeigt, wie wenig die verbreitete Erzählung vom „vereinten Volk unter Belagerung“ der Wirklichkeit standhält. Ihre größte Gefahr ging nicht von Raketen aus, sondern von den eigenen Reihen. Und die Tatsache, dass sie heute in Israel Schutz sucht – bei jenem Staat, dem international Völkermord vorgeworfen wird – ist ein Weckruf für alle, die Gaza nur aus der Ferne beurteilen.

„Ich hätte nie gedacht, dass mein Versuch zu helfen mein Leben gefährden würde“, sagt sie. Und doch ist genau das eingetreten. Eine junge Frau, die mehr als 100.000 Familien versorgte, ist nun vogelfrei. Weil Mitgefühl in Gaza manchen gefährlicher erscheint als Bomben.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Montag, 4. August 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.

Weitere interessante Artikel

Newsletter