Hamas bestimmt, wer frei kommt – Familien verlangen: “Wir geben keine verletzten Soldaten auf!”


In Doha wird über Leben und Tod verhandelt. Doch wer lebt, wer stirbt, wer überhaupt eine Chance bekommt, bestimmt nicht Israel. Sondern die Hamas. Die Familien der Geiseln sind wütend – und fordern endlich klare rote Linien.

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Es ist ein Satz, der alles verändert. Gesagt von einem führenden Mitglied des israelischen Verhandlungsteams in Doha: „Wahrscheinlich wird Hamas die Reihenfolge der Freilassungen bestimmen.“ Kaum ein anderer Satz fasst die moralische Ohnmacht dieser Gespräche so nüchtern und gleichzeitig so verheerend zusammen. In Israel wächst die Angst, dass erneut ein Abkommen geschlossen wird, bei dem das Leben der Geiseln zwar Verhandlungsmasse ist – aber nicht nach menschlicher Dringlichkeit bewertet wird, sondern nach politischer Berechnung des Feindes.

Denn es ist die Hamas, die entscheidet, wer überlebt. Wer zurückkehrt. Wer verschwindet. Nicht das Rote Kreuz. Nicht Israel. Nicht einmal medizinische Prioritäten. Ein Terrorapparat wählt aus – strategisch, zynisch, kalt. Und die israelische Regierung scheint sich damit abzufinden. Seit Wochen wartet das Land auf ein Abkommen. Seit Monaten warten die Familien. Und seit über 290 Tagen warten die Geiseln – unter der Erde, verletzt, isoliert, gefoltert. Manche von ihnen schwer verwundet. Manche kaum mehr am Leben. Und doch stehen sie offenbar nicht an erster Stelle.

Die Angehörigen rufen auf. Bitten. Flehen. Sie demonstrieren vor Ministerien, marschieren zur US-Botschaft, halten Bilder ihrer Kinder, Söhne, Mütter in die Kameras. „Wir wissen, dass unser Sohn lebt“, sagt die Schwester eines entführten Soldaten. „Aber wir wissen nicht, wie lange noch. Er ist verwundet, und jeder Tag zählt.“ Sie verlangen nicht, dass er als Einziger gerettet wird. Sie verlangen, dass Israel sich nicht von der Hamas diktieren lässt, wer „wichtig genug“ ist, um in die erste Freilassungsrunde zu kommen.

Die Empörung wird immer lauter: Warum verhandelt Israel auf der Basis von Listen, die der Feind diktiert? Warum übergibt man die Reihenfolge der Freilassung nicht einer neutralen Instanz, einem medizinisch-humanitären Verfahren, das Schwerverletzten Vorrang gibt? Warum wird nicht offensiv darauf bestanden, dass kein Abkommen unterzeichnet wird, solange nicht mindestens die kriegsverwundeten Soldaten ganz oben auf der Liste stehen?

Was in Doha geschieht, ist mehr als ein politisches Ringen. Es ist ein Kampf um die moralische Selbstachtung eines Landes. Ein Staat, der seine Soldaten im Stich lässt – und sei es auch nur in der Wahrnehmung – riskiert mehr als Vertrauen. Er riskiert den stillen Bruch zwischen denen, die kämpfen, und denen, die führen. Dass bislang kein einziger Soldat unter den freigelassenen Geiseln war, ist eine Tatsache, die nicht ignoriert werden darf. Sie erzeugt ein Signal. Und dieses Signal wird gehört – auch in Uniform.

„Was ist das für eine Botschaft an unsere Kämpfer?“ fragte ein Vater, dessen Sohn in Gaza verwundet in Gefangenschaft geriet. „Dass sie nicht Priorität sind? Dass man lieber Tauschgeschäfte macht, als Verwundete herauszuholen?“ Die Antwort, die ihm ein hochrangiger Verhandler in Doha gibt, ist nicht einmal zynisch – sie ist resigniert: „Ich höre Sie. Und ich stimme moralisch zu. Aber Hamas entscheidet.“

Wie konnte es so weit kommen, dass Israel, das sich selbst als Schutzmacht seiner Bürger versteht, eine so fundamentale Entscheidung dem Feind überlässt? Es ist ein bitterer Befund: Die Hamas hat es geschafft, nicht nur Geiseln zu nehmen – sondern die Agenda. Sie bestimmt den Rhythmus. Sie definiert, worüber geredet wird. Und sie nutzt jedes Zögern Israels, um die eigene Macht zu demonstrieren.

Verständlich ist das Kalkül der Hamas. Jeder Freigelassene ist für sie eine Bühne. Jeder Name auf der Liste ein psychologisches Signal. Aber verständlich heißt nicht hinnehmbar. Es ist Aufgabe der israelischen Regierung, klare rote Linien zu ziehen. Wenn es ein Abkommen gibt, dann eines, das Leben schützt, nicht nur diplomatisch verwaltet. Verwundete Geiseln müssen Priorität haben. Und Soldaten dürfen nicht das Schlusslicht in einer Liste sein, die vom Feind geschrieben wurde.

Es geht nicht um Symbolik. Es geht um Vertrauen. In den Staat, in seine Verpflichtungen, in seine Werte. Wer kämpft, muss wissen: Ich werde nicht vergessen. Wer verwundet ist, muss spüren: Ich bin nicht Verhandlungsmasse, sondern Mensch. Und wer sich aufopfert, darf nicht zu einem Fußnote in einer Excel-Tabelle werden, die irgendwo in Doha auf einem Bildschirm aufblinkt.

Ein Abkommen ist nötig. Schnell, entschlossen, verantwortungsvoll. Aber nicht um jeden Preis. Nicht auf den Knien. Und nicht mit dem Einverständnis, dass die Hamas entscheidet, wen Israel retten darf. Dieses Recht gehört keinem Terroristen. Es gehört uns.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 22. Juli 2025

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