Julani rückt vor: Neue Spannungen in Suweida trotz Feuerpause
Israels Armee sichert die Grenze – humanitäre Hilfe für die Drusen in Syrien beginnt

Die Lage in Suweida bleibt angespannt. Obwohl vor wenigen Tagen eine Feuerpause zwischen drusischen Milizen und beduinischen Verbänden vereinbart wurde, bereitet das Regime von Ahmad al-Scharaa (Julani) offenbar den nächsten Vorstoß in die Region vor. Die syrische Regierung unter Julanis Führung hat Truppen an den Stadtrand verlegt – entgegen den Absprachen. Israel reagiert mit erhöhter Wachsamkeit entlang der Grenze und stellt den Drusen in Suweida nun gezielte humanitäre Hilfe bereit.
Am Donnerstagmorgen war in verschiedenen Vierteln Suweidas erneut Gewehrfeuer zu hören, Explosionen erschütterten die Stadt. Syrische Sicherheitsquellen sprechen von einer Reorganisation regimetreuer Kräfte im Süden des Landes. Parallel berichten lokale Netzwerke von einem erneuten Vorrücken beduinischer Kämpfer aus angrenzenden Gebieten in Richtung drusischer Dörfer – mutmaßlich mit Duldung oder direkter Unterstützung durch Damaskus.
Trotz der offiziell geltenden Feuerpause ließ das syrische Innenministerium verlautbaren, dass Julanis Einheiten „sich auf eine Stabilisierung der Lage vorbereiten“. Ein beschönigender Ausdruck für eine mögliche militärische Intervention – und ein Affront gegenüber der lokalen drusischen Selbstverwaltung, die die Region bislang weitgehend autonom verwaltet.
Israel bleibt wachsam – keine neuen Grenzverletzungen
Auch entlang der israelischen Grenze blieb es in der Nacht nicht ruhig. Das israelische Militär meldet größere Personenansammlungen auf beiden Seiten des Grenzzauns. Die IDF reagierte schnell, setzte Truppenteile in Alarmbereitschaft und zerstreute die Versammlungen noch vor einer Eskalation. Seit Donnerstagabend seien weder Drusen aus Israel nach Syrien gelangt, noch seien drusisch-syrische Kämpfer auf israelisches Territorium vorgedrungen.
Dennoch wird der Grenzstreifen weiter systematisch durchkämmt. Israels Sicherheitsdienste prüfen zudem Hinweise, ob einzelne Aktivisten dennoch die Grenze unbemerkt überschritten haben könnten – sowohl zur Unterstützung der drusischen Verbände in Syrien als auch zur Rückkehr in israelisches Gebiet.
Außenministerium in Jerusalem kündigt Soforthilfe an
Die innenpolitisch umstrittene Entwicklung in Syrien hat auch in Jerusalem Reaktionen ausgelöst. Außenminister Gideon Sa’ar ordnete am Donnerstagmorgen ein Soforthilfeprogramm für die Drusen in Suweida an. Das Paket im Umfang von zwei Millionen Schekel umfasst medizinische Ausrüstung, Lebensmittel, Verbandsmaterial und Medikamente.
„Die Situation der drusischen Gemeinschaft in Suweida ist akut – wir stehen in der Pflicht, schnell und pragmatisch zu handeln“, ließ Sa’ar erklären. „Angesichts der jüngsten Angriffe und der humanitären Notlage stellen wir den Betroffenen zielgerichtete Hilfe zur Verfügung – unabhängig von politischen Rücksichten.“
Ein geopolitischer Flächenbrand droht
Die Eskalation in Suweida ist kein isoliertes Ereignis, sondern Teil eines schleichenden Machtkampfes zwischen dem zunehmend autoritär regierenden Julani-Regime und lokalen Minderheiten. Die Drusen – traditionell staatsfern, oft systemkritisch – geraten in den Fokus des neuen Machtzentrums in Damaskus, das unter Julani mit harter Hand gegen jede Form von Autonomie oder regionaler Selbstbestimmung vorgeht.
Dass die Beduinenmilizen in der Region zur gleichen Zeit aktiver werden, nährt in Jerusalem den Verdacht, dass der erneute Gewaltausbruch mehr ist als ein lokaler Stammeskonflikt. Vielmehr zeichnet sich ein gezielter Versuch ab, das Machtgleichgewicht in Südsyrien zugunsten des zentralen Regimes zu verschieben – notfalls mit Gewalt.
Jerusalem reagiert entschlossen – aber bleibt zurückhaltend
Trotz der Nähe zur Grenze und der familiären Verbindungen vieler israelischer Drusen zur Region Suweida hält sich Israel mit direkten Maßnahmen weiter zurück. Die militärische Zurückhaltung spiegelt das Dilemma wider: Einerseits gibt es im Land breite Solidarität mit den Drusen jenseits der Grenze. Andererseits birgt jede offene Einmischung das Risiko, die fragile Balance entlang der syrisch-israelischen Grenze zu gefährden – gerade jetzt, wo die strategische Lage nach dem Iran-Krieg ohnehin angespannt ist.
Die kommenden Tage werden entscheidend sein: Ob Julanis Truppen tatsächlich in Suweida einmarschieren, ob die Feuerpause bricht – und ob die drusische Selbstverwaltung diesen Druck standhält, wird maßgeblich darüber entscheiden, ob sich der syrische Süden in eine neue Bürgerkriegsspirale zieht.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Presidency of the Syrian Arab Republic - Presidency of the Syrian Arab Republic, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=168234900
Artikel veröffentlicht am: Freitag, 18. Juli 2025