Az al-Din al-Haddad führt Hamas-Militärflügel in Gaza – und lehnt Machtverzicht ab


Israels Gegner in Gaza spricht Hebräisch, denkt strategisch – und lehnt einen entscheidenden Teil jeder Lösung ab

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Nach der gezielten Tötung fast aller hochrangigen Hamas-Kommandeure in Gaza hat sich eine neue Figur an die Spitze des Terrornetzwerks geschoben: Az al-Din al-Haddad, Kommandeur der Stadtbrigade Gaza, gilt seit einigen Wochen als de-facto-Oberbefehlshaber der Hamas im Küstenstreifen. Ein Hintergrundbericht der New York Times zeichnet nun ein differenziertes Bild dieses Mannes – und zeigt, warum seine Haltung zu einer künftigen Vereinbarung mit Israel ambivalent und zugleich zentral ist.

Al-Haddad, etwa Mitte fünfzig, war maßgeblich an der Planung der Hamas-Invasion am 7. Oktober beteiligt. Als vermutlich letzter verbliebener hochrangiger Kommandeur in Gaza kontrolliert er derzeit große Teile des verbliebenen militärischen Apparats der Hamas. Laut westlichen und israelischen Quellen spricht al-Haddad fließend Hebräisch – und soll sich wiederholt für eine „würdevolle Lösung“ ausgesprochen haben. Gemeint ist offenbar ein umfassender Deal, der eine Waffenruhe, Gefangenenaustausch und humanitäre Erleichterungen beinhaltet.

Doch seine roten Linien sind klar. Al-Haddad lehnt die vollständige Entmachtung der Hamas strikt ab. Genau dieser Punkt – der zentrale israelische Anspruch nach dem 7. Oktober – macht ihn zu einer komplizierten Schlüsselfigur. Israel besteht auf der Bedingung, dass jede Vereinbarung mit einem realen Machtverlust der Hamas in Gaza verbunden sein muss. Al-Haddad jedoch, so die Einschätzung israelischer Stellen, dürfte genau das verhindern wollen.

Ein israelischer Sicherheitsoffizieller sagte gegenüber der New York Times, al-Haddad habe sich zeitweise in nördlichen Teilen des Gazastreifens gemeinsam mit Geiseln aufgehalten. Westliche Geheimdienste berichten zudem, dass er ideologisch Vergleiche zwischen dem palästinensischen Kampf gegen Israel und dem tschetschenischen Widerstand gegen Russland zieht – eine Kampf-Narration, die wenig Raum für Kompromisslösungen lässt.

Er ist auch der einzige hochrangige Hamas-Vertreter aus Gaza, der nach dem Massaker öffentlich auftrat: Ende Januar gab er ein Interview für einen Al Jazeera-Dokumentarfilm. Mit verhülltem Gesicht erklärte er dort, dass die israelische Regierung, „gestützt von den USA und dem Westen“, sich den Forderungen der Hamas beugen müsse. Diese umfassen eine vollständige IDF-Rückkehr aus Gaza, ein Ende des Krieges, die Freilassung aller palästinensischen Gefangenen, die Öffnung von Grenzübergängen zu Ägypten und einen umfassenden Wiederaufbau des Gazastreifens.

Im selben Interview bestätigte er, dass Hamas ihre Alliierten über die bevorstehende Operation im Oktober informierte – aber offenbar nicht über den exakten Zeitpunkt. Welche Staaten oder Gruppen dabei gemeint waren, ließ er offen.

An al-Haddads Seite steht offenbar Raed Saad, ein weiteres ranghohes Mitglied des Hamas-Politbüros in Gaza und enger Vertrauter. Beide Männer sind weiterhin am Leben – trotz zahlreicher israelischer Angriffe auf das Hamas-Führungspersonal. Laut Gesundheitsministerium in Gaza wurde allerdings al-Haddads ältester Sohn Suhaib im Verlauf der Kämpfe getötet.

Ob al-Haddads Position die Chance auf ein Abkommen erhöht oder eher blockiert, ist derzeit offen. Er verfügt über Autorität in Gaza, ist politisch geschult und militärisch erfahren – aber auch ideologisch gefestigt. Eine vollständige Lösung wird mit ihm kaum möglich sein. Doch für eine Zwischenlösung, die zumindest die Geiseln befreit und das Blutvergießen vorerst stoppt, könnte seine Rolle entscheidend werden.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot X

Artikel veröffentlicht am: Freitag, 4. Juli 2025

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