Hisbollah denkt über Abgabe von Waffen nach – unter wachsendem Druck
Strategiewechsel innerhalb des schiitischen Miliznetzwerks – offenbar Bereitschaft zur Teilentwaffnung

Der Druck auf die libanesische Terrororganisation Hisbollah wächst spürbar – politisch, wirtschaftlich und militärisch. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, der sich auf drei mit den Vorgängen vertraute Quellen beruft, prüft die Führung der Hisbollah derzeit eine teilweise Entwaffnung. Demnach könnten Teile der umfangreichen Waffenlager, insbesondere ballistische Raketen und Drohnen, an staatliche Stellen im Libanon übergeben werden.
Dieser Schritt wäre ein strategischer Bruch mit der jahrzehntelangen Aufrüstungspolitik der Organisation, die sich selbst als „Widerstandskraft gegen Israel“ definiert. Interne Bewertungen hätten jedoch ergeben, dass genau dieser Waffenvorrat zunehmend als Schwachstelle betrachtet werde – etwa im Hinblick auf Angreifbarkeit durch israelische Präzisionsschläge, die seit Jahren regelmäßig Stellungen der Hisbollah treffen.
Ein Teil der Waffenlager im Süden des Landes soll bereits im Rahmen des im November 2024 geschlossenen Waffenstillstandsabkommens an die libanesische Armee übergeben worden sein. Israel hingegen weist darauf hin, dass ein signifikanter Teil der militärischen Infrastruktur in der Region weiterhin unter Kontrolle der Hisbollah stehe.
Laut den Reuters-Quellen steht derzeit zur Diskussion, auch weitere Systeme – insbesondere Langstreckenraketen und unbemannte Flugkörper – abzutreten. Voraussetzung sei allerdings ein Rückzug Israels aus Südlibanon sowie ein Ende der Luftangriffe auf Stellungen der Organisation. Eine vollständige Entwaffnung wird von Hisbollah jedoch nicht in Erwägung gezogen: Leichte Waffen und Panzerabwehrraketen sollen aus Gründen der "Selbstverteidigung in der Zukunft" behalten werden.
Die internen Debatten spiegeln die verschärfte Lage der Organisation wider. Seit der Waffenruhe mit Israel im vergangenen Herbst ist Hisbollah zunehmend unter politischen und wirtschaftlichen Druck geraten. Der andauernde Verlust politischer Einflussmöglichkeiten innerhalb der libanesischen Regierung – insbesondere seit der Bildung eines US-freundlichen Kabinetts im Februar 2025 – sowie internationale Sanktionen und militärische Verluste setzen der Organisation zu.
Hinzu kommt ein dramatischer geostrategischer Einschnitt: Der Sturz des syrischen Regimes unter Baschar al-Assad, einem langjährigen Verbündeten der Hisbollah, hat zentrale Nachschubwege aus dem Iran unterbrochen. Auch Teheran, das gerade einen verlustreichen Krieg gegen Israel beendet hat, ist laut Beobachtern derzeit nicht in der Lage, seine libanesischen Partner in gewohnter Weise zu unterstützen.
Die USA drängen seit Monaten auf eine vollständige Entwaffnung der Hisbollah – bisher ohne Erfolg. Ob der nun diskutierte Strategiewechsel ein echtes Umdenken oder nur ein taktisches Manöver darstellt, bleibt offen. Eine offizielle Stellungnahme der Hisbollah zu den Berichten steht bislang aus.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Sebastian Baryli from Wien, Österreich - Naim Kassim, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11539380
Artikel veröffentlicht am: Freitag, 4. Juli 2025