„Wir sterben hier mit Puls“ – Geiselvideo offenbart Zustand israelischer Entführter


Erstmals freigegebene Aufnahmen von Maxim Harkin und Bar Kuperstein zeigen das Ausmaß des Terrors – ihre Familien richten einen eindringlichen Appell gegen selektive Abkommen

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Die Bilder sprechen für sich: Zwei junge Israelis, sichtbar erschöpft, offenbar misshandelt, rufen mit brüchiger Stimme nach Hilfe. Es ist ein kurzer Ausschnitt aus einem Video, das die Terrororganisation Hamas bereits im April veröffentlicht hatte – doch erst jetzt, drei Monate später, haben die Familien der beiden Entführten, Maxim Harkin und Bar Kuperstein, einem Teil der Veröffentlichung zugestimmt. Der Grund: Sie wollen verhindern, dass ein Teil der Geiseln durch selektive Abkommen dem Zugriff der Hamas überlassen bleibt.

Die israelische Organisation der Familien der Geiseln hat das Video heute verbreitet, um gezielt politischen Druck zu erzeugen. In dem Clip schreit Maxim Harkin unter anderem: „Wir sterben hier mit Puls! Wir fühlen uns nicht wie Menschen!“ Die Sequenz ist kurz, doch ihr Inhalt macht die Bedingungen deutlich, unter denen die Entführten seit neun Monaten festgehalten werden – irgendwo im Tunnelnetz oder in improvisierten Zellen des Gazastreifens.

Die Veröffentlichung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem erneut über eine Teilvereinbarung verhandelt wird. Ein solches Abkommen würde nur bestimmte Gruppen von Geiseln einschließen – etwa Frauen, Kranke oder Ältere. Für viele Familien kommt das einer „Selektion“ gleich. Der Begriff ist bewusst gewählt, um die Härte der Situation zu benennen: Wer in welcher Reihenfolge oder überhaupt freigelassen wird, hängt bislang ausschließlich vom Kalkül der Hamas ab – nicht von humanitären Erwägungen.

Die Familien betonen: Alle 50 bekannten Geiseln seien humanitäre Fälle. Niemand könne ermessen, wer von ihnen sich in akuter Lebensgefahr befindet – und wer kurz davor steht, spurlos zu verschwinden. Ihre Forderung ist eindeutig: ein vollständiges Abkommen, keine Tauschgeschäfte mit Auswahlkriterien, keine strategischen Verzögerungen.

Maxim Harkin, 27 Jahre alt, stammt aus Tirat Carmel. Er wurde am 7. Oktober bei dem Musikfestival bei Re’im verschleppt – es war sein erstes Festival. Er ist Vater einer dreijährigen Tochter, kümmerte sich um seine jüngeren Geschwister und lebte bei seiner Mutter. Kurz nach Beginn des Angriffs schrieb er ihr: „Alles ist gut, ich komme langsam nach Hause.“ Wenige Minuten später: „Ich liebe dich, Mama.“ Danach brach der Kontakt ab.

Bar Kuperstein, 23, arbeitete beim gleichen Festival als Sicherheitskraft. Der aus Holon stammende Sanitäter war jahrelang Hauptversorger seiner Familie, seit sein Vater pflegebedürftig wurde. Auch von ihm tauchten bereits zuvor Videoausschnitte auf, in denen er gefesselt am Boden liegt. Freunde haben seine Stimme identifiziert.

Das heute veröffentlichte Material stammt aus einem Propagandavideo der Hamas. Dessen Ziel: Druck auf die israelische Öffentlichkeit auszuüben – mit dem Ziel, möglichst viele Gefangene freizupressen. Doch in diesem Fall geht der Plan nicht auf. Die Familien nutzen die Bilder gegen die Hamas selbst. Sie lehnen es ab, die Geiseln zu politischen Instrumenten machen zu lassen und fordern eine konsequente Strategie, die nicht auf Zeit spielt – und keine Deals auf Kosten Einzelner zulässt.

Das Video enthält keine grausamen Szenen. Es zeigt zwei Männer in Haft. Aber es zeigt eben auch, was viele zu vergessen drohen: dass die Geiseln immer noch leben – und immer noch warten. Unter dem Zugriff einer Terrororganisation, die seit Monaten jede Hilfeleistung blockiert, Rot-Kreuz-Besuche verhindert und gezielt versucht, humanitäres Leid zu verschärfen, um politische Ziele durchzusetzen.

Das Ziel der Familien ist nicht Mitleid. Es ist Klarheit. Wer jetzt wegsieht, akzeptiert den Status quo. Und der bedeutet: junge Israelis in den Händen eines Feindes, der nur auf den Moment wartet, um noch einmal zuzuschlagen.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 3. Juli 2025

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