Gadi Eisenkot verlässt das politische Zentrum – und legt sein Mandat nieder
Der frühere Generalstabschef Gadi Eisenkot zieht sich überraschend aus dem politischen Leben zurück. Er verlässt nicht nur das Lager der Staatspartei („HaMachaneh HaMamlachti“), sondern gibt auch sein Knesset-Mandat ab – aus tiefem ideologischen Frust.

Gadi Eisenkot, der ehemalige Generalstabschef der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte und prominente Abgeordnete der Partei HaMachaneh HaMamlachti, hat am Montagabend seinen sofortigen Rückzug angekündigt – sowohl aus der Partei als auch aus der Knesset.
In vertraulichen Gesprächen hatte Eisenkot zuvor scharfe Kritik an der innerparteilichen Entwicklung geäußert: „Die derzeitige Gestaltung der Vorwahlen erlaubt keine echte Konkurrenz“, sagte er hinter verschlossenen Türen. „Sie spiegeln nicht die demokratischen Prinzipien wider, die aus meiner Sicht für eine Regierungspartei notwendig wären.“ Diese Worte machen deutlich: Es geht nicht um einen formellen Rücktritt, sondern um eine politische Enttäuschung von Grundsatzbedeutung.
Benny Gantz, Vorsitzender der Partei und langjähriger Weggefährte Eisenkots, bestätigte am Abend die Entscheidung. „Es haben sich bedeutende ideologische Differenzen zwischen uns herauskristallisiert“, ließ Gantz mitteilen. In der gemeinsamen Erklärung betonten beide dennoch ihre gegenseitige persönliche Wertschätzung und kündigten an, auch künftig zum Wohle des Landes kooperieren zu wollen.
Tatsächlich galt Eisenkot als eine der glaubwürdigsten Stimmen im sogenannten „Staatslager“ – jener politischen Kraft, die sich als Gegenentwurf zu Polarisierung, Populismus und institutioneller Erosion positionieren wollte. Sein Eintritt in die Politik im Jahr 2022 war von vielen als Hoffnungsschimmer für das zentristische Lager begrüßt worden.
Doch nun, drei Jahre später, zieht sich Eisenkot ernüchtert zurück. Bereits in einem Interview im vergangenen Monat hatte er Zweifel erkennen lassen, ob das „Staatslager“ tatsächlich eine Partei sei – oder nur ein Sammelbecken von Ideen ohne tragfähige Struktur. Die jüngsten Entwicklungen in der Partei, insbesondere die Entscheidung, in den kommenden Monaten interne Wahlen durchzuführen, führten offenbar zu einer endgültigen Entfremdung.
Für Gantz ist der Abgang Eisenkots mehr als ein persönlicher Verlust. Der Ex-General war innerhalb der Partei ein Symbol für Glaubwürdigkeit, sicherheitspolitische Kompetenz und integrative Haltung. Sein Rücktritt könnte eine Lücke hinterlassen, die weder kurzfristig noch durch parteiinternes Manövrieren zu füllen ist.
Gleichzeitig sendet Eisenkots Schritt ein Signal an andere Stimmen in der Mitte des politischen Spektrums, die sich seit Monaten über mangelnde Transparenz und partizipative Strukturen beklagen. Die Frage steht nun im Raum: Wenn selbst ein Mann wie Gadi Eisenkot keinen Platz mehr sieht – was sagt das über die Zukunftsfähigkeit dieses politischen Projekts aus?
Ob Eisenkot sich endgültig aus der Öffentlichkeit zurückzieht oder künftig in anderer Form Einfluss nimmt, bleibt offen. Fest steht nur: Mit seinem Rückzug verliert Israel nicht nur einen Abgeordneten, sondern auch eine moralisch fundierte Stimme für staatsbürgerliche Verantwortung in schwierigen Zeiten.

Knessetabgeordneter Matan Kahana prüft laut Berichten des israelischen Rundfunksenders KAN seinen Ausstieg – und könnte damit das politische Zentrum Israels weiter ins Wanken bringen.
Demnach fand kürzlich ein vertrauliches Treffen zwischen Kahana, dem früheren Premierminister Naftali Bennett und dem Politikberater Shlomo Filber statt. Thema war nichts Geringeres als eine mögliche Rückkehr Bennetts in die aktive Politik – und Kahana dürfte dabei eine Schlüsselrolle spielen.
Die Dynamik erinnert frappierend an die ersten Tage von Yamina, jener einst ambitionierten, aber kurzlebigen Partei, mit der Bennett und Kahana bereits Regierungsgeschichte geschrieben hatten. Während Gantz mit seinem „Staatslager“ versuchte, ein breites zentristisches Bündnis zu schmieden, scheint es hinter den Kulissen längst zu rumoren.
Kahana, ehemaliger Religionsminister und eine respektierte Stimme im national-religiösen Spektrum, hatte sich 2022 dem Gantz-Lager angeschlossen, um zur gesellschaftlichen Brückenbildung beizutragen. Doch die Spannungen zwischen der säkularen Parteiführung und religiösen Stimmen wie der seinen nahmen offenbar stetig zu. Der Abgang Eisenkots – Gantz' Stellvertreter und ebenfalls früherer Generalstabschef – hat diesen inneren Bruch nun offen zutage treten lassen.
Gantz selbst steht damit unter massivem Druck. Das Projekt, eine integrative politische Mitte zu schaffen, gerät durch innerparteiliche Konflikte und strukturelle Schwächen ins Taumeln. Eisenkots scharfe Kritik an fehlender demokratischer Kultur in der Partei hat intern wie extern Wellen geschlagen. Kahanas möglicher Ausstieg wäre nicht nur ein symbolischer Verlust, sondern könnte auch weitere Abgeordnete ermutigen, sich neu zu orientieren.
Naftali Bennetts Name taucht nicht zufällig wieder auf. Der ehemalige Premier, der sich nach dem Zerfall seiner Koalition 2022 aus der Politik zurückgezogen hatte, wurde zuletzt immer wieder mit einem möglichen Comeback in Verbindung gebracht. Sollte es Kahana tatsächlich gelingen, Bennett für eine neue Formation zu gewinnen, könnte dies die politische Kartenlandschaft Israels erneut neu mischen – gerade im Hinblick auf die nächste Wahlrunde.
Ein Wiederaufleben des national-religiösen Zentrums mit einer moderaten, staatsnahen Agenda wäre denkbar – und würde insbesondere religiöse Wählerinnen und Wähler ansprechen, die sich weder in extremen rechten Lagern noch im säkularen Zentrum wiederfinden. Kahana wäre in diesem Szenario eine natürliche Brückenfigur: religiös verankert, politisch erfahren, integrationswillig.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von IDF Spokesperson"s Unit, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86520690
Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 1. Juli 2025