„Der Tod war sicher“ – Netanyahu erklärt, warum Israel jetzt zuschlagen musste
Die Luftschläge gegen Irans Atomprogramm waren seit über einem halben Jahr vorbereitet. Ein Angriff, den Netanyahu als „Frage des Überlebens“ beschreibt – ohne Rücksicht auf Washington.

Israels Entscheidung, Irans Atomwaffenprogramm anzugreifen, war kein spontaner Akt, sondern das Ergebnis einer langen, geheimen Planung. In einem eindringlichen, ungewöhnlich offenen Video richtete sich Premierminister Benjamin Netanyahu heute an die Öffentlichkeit – und offenbarte Details, die eine neue Dimension des militärischen Vorgehens gegen Teheran enthüllen. Die Entscheidung zur Attacke, sagte er, fiel bereits im November 2024 – nur wenige Tage nach der gezielten Tötung des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah.
„Mit dem Zerbrechen der iranischen Achse war klar: Iran wird rennen – direkt in sein Atomwaffenprogramm“, erklärte Netanyahu. Es war eine Analyse, die in israelischen Sicherheitskreisen längst Konsens ist – doch nie wurde sie so deutlich ausgesprochen. Laut Netanyahu ging es Teheran nicht mehr nur um anreicherbares Spaltmaterial, sondern um die gezielte Herstellung funktionstüchtiger Atomwaffen und deren Trägersysteme. Die israelische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten – auch wenn sie letztlich mit Verzögerung umgesetzt wurde.
Geplant war die Operation ursprünglich für Ende April 2025, doch „aus verschiedenen Gründen“ sei der konkrete Termin schließlich auf Empfehlung des Generalstabs verschoben worden, so Netanyahu. Am Ende stand ein Schlag, der gezielt die Schaltzentralen des iranischen Atomprogramms treffen sollte – und offenbar auch traf. Der Premier sprach von einer „sehr erfolgreichen Eröffnungssalve“, bei der sowohl führende Nuklearwissenschaftler als auch Schlüsselstandorte wie die Anreicherungsanlage Natanz massiv beschädigt wurden.
Inmitten dieser Ausführungen betonte Netanyahu vor allem eines: Israel handle aus Notwehr. „Wenn wir nicht zuschlagen, sterben wir – zu hundert Prozent. Es ist keine Wahl, es ist eine Notwendigkeit.“ Selbst wenn Washington sich gegen die Operation gestellt hätte, so der Premier, hätte Israel keine andere Option gehabt. Doch laut Netanyahu wusste die US-Regierung von dem Angriff. Was Präsident Trump daraus macht, sei dessen Entscheidung. „Ich spreche nicht für ihn“, stellte Netanyahu klar.
Deutlich wurde in der Ansprache auch: Der Angriff war keine isolierte Aktion. Neben der Luftwaffe waren laut Netanyahu auch andere Einheiten beteiligt – Nachrichtendienste, elektronische Kriegsführung und möglicherweise Spezialkräfte. Die Überraschung war elementar. „Surprise is the essence of success“, habe er Trump gesagt. Es war ein koordinierter Schlag, der in seiner Wucht selbst mit Israels legendärem „Beeper“-Angriff von einst – gemeint ist der Präventivschlag zu Beginn des Sechstagekriegs – verglichen wird.
Der israelische Sicherheitsapparat rechnet nun mit iranischen Vergeltungsschlägen. „Sie werden kommen“, warnte Netanyahu offen. Mehr noch: Man solle sich auf mehrere Angriffswellen einstellen – schwer und hart. Ein solches Maß an Offenheit aus der Führungsspitze ist selten und zeigt die Ernsthaftigkeit der Lage.
Auch Israels Nationaler Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi meldete sich am Abend zu Wort. In einem Interview erklärte er, dass die Militäraktion nur der Beginn sei – der Auftakt einer langen Auseinandersetzung, die nicht allein mit Luftschlägen zu gewinnen sei. Das Ziel, so Hanegbi, sei es, Teheran durch stetigen Druck zur freiwilligen Aufgabe des Atomprogramms zu zwingen. Eine völlige Zerstörung sei militärisch unmöglich – die Strategie sei daher eine Kombination aus militärischer Zermürbung und diplomatischer Isolation.
Hanegbi verglich Irans Obersten Führer Ali Khamenei mit dem biblischen Haman, der einst die Juden vernichten wollte. Doch – so betonte er – es gebe derzeit keine Pläne, Khamenei selbst zu töten. Vielmehr gehe es darum, das Machtzentrum des iranischen Terrors systematisch und dauerhaft zu schwächen. Hanegbi deutete zudem an, dass neben Luftwaffe und Marine weitere Einheiten an den Angriffen beteiligt gewesen seien. Welche genau, ließ er offen – doch der Hinweis ist klar: Israels Vorgehen gegen Iran ist strategisch tief verankert, umfassend vorbereitet – und längst nicht abgeschlossen.
In Teheran herrscht Chaos, das Regime wird sich gezwungen sehen, Stärke zu demonstrieren. Doch Netanyahu und sein Sicherheitskabinett stellen sich darauf ein – und senden ein klares Signal: Israel wartet nicht auf Zustimmung. Es handelt, wenn seine Existenz bedroht ist. Der Präventivschlag gegen Iran war nicht der Anfang eines neuen Konflikts – er war die Fortsetzung eines jahrelangen Ringens mit anderen Mitteln. Und der Preis dafür wird noch gezahlt werden.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Freitag, 13. Juni 2025