„Wir arbeiten nicht mit Israel“ – Doch Abu Shababs Dementi wirft mehr Fragen auf als es beantwortet
Ein palästinensischer Milizführer behauptet, unabhängig zu agieren – und verheddert sich in Widersprüchen zwischen Hamas, Israel und der Autonomiebehörde.

Er streitet ab, mit Israel zu kooperieren – und lässt gleichzeitig die Tür dafür offen: Yasser Abu Shabab, Anführer einer palästinensischen Miliz in Gaza, hat sich in einem aufsehenerregenden Interview mit Israels Armeeradio zu Wort gemeldet. Er dementiert jede Zusammenarbeit mit dem israelischen Militär, mit dem Mossad, mit irgendwem aus der Regierung. Doch seine Worte klingen weniger wie eine Klärung – und mehr wie eine kalkulierte Tarnung.
Die Gerüchte über eine verdeckte Zusammenarbeit zwischen israelischen Sicherheitsdiensten und rivalisierenden Milizen in Gaza halten sich hartnäckig. Auslöser war eine Aussage des israelischen Oppositionspolitikers Avigdor Liberman, der behauptete, Israel rüste kriminelle Strukturen in Gaza aus, um die Hamas zu schwächen. Das Büro des Premierministers schwieg dazu. Eine offizielle Dementierung? Fehlanzeige. Das Schweigen spricht Bände.
Abu Shabab bestreitet jede Verbindung zu israelischen Waffen. Seine Miliz nutze einfache Gewehre, „aus der Bevölkerung gesammelt“. Diese Darstellung ist auffällig – und unglaubwürdig. In einem Gebiet wie Gaza, in dem Waffen in die Hände gelangen, die teils aus libyschen Depots, teils aus dem Iran stammen, wirkt die Erzählung von selbstgebastelten Dorfwaffen geradezu naiv oder bewusst irreführend. Kein Wort zu Logistik, zu Nachschub, zu Training. Und das in einer Region, in der bewaffnete Auseinandersetzungen Alltag sind.
Gleichzeitig widerspricht sich Abu Shabab selbst: Eine künftige Koordination mit Israel könne er sich – für humanitäre Zwecke – durchaus vorstellen. Was heißt das konkret? Evakuierungen, Übergabe von Geiseln, Waffenstillstände? Der Begriff „humanitär“ ist dehnbar. Und in einem Bürgerkrieg, wie er in Gaza zwischen Hamas, PA und konkurrierenden Milizen tobt, ist jede Form von Koordination politisch aufgeladen – und oft tödlich.
Besonders brisant ist Abu Shababs Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit der palästinensischen Autonomiebehörde (PA), deren Sicherheitsdienst „Muhabarat“ mit seiner Miliz Informationen austauscht, um „terroristische Elemente“ fernzuhalten. Das klingt nach einem gezielten Versuch, sich von der Hamas zu distanzieren – und gleichzeitig den Rückhalt der PA zu betonen, ohne sich offiziell von ihr finanzieren zu lassen. Ein Balanceakt zwischen Loyalität, Misstrauen und strategischer Täuschung.
Und dann ist da noch der Verdacht, Abu Shababs Miliz könnte Verbindungen zur Terrormiliz ISIS haben – ebenfalls ein Vorwurf, der im Raum steht, den er jedoch entschieden zurückweist. Solche Gerüchte dienten nur dazu, „uns zwischen Israel und den arabischen Ländern schlecht dastehen zu lassen“, sagt er. Die Abgrenzung von ISIS wirkt bemüht. In einem Umfeld, in dem islamistische Ideologien, Waffenlieferungen und Allianzen über Tunnel und Telegram laufen, ist jede Form der „Distanzierung“ mit Vorsicht zu genießen.
Abu Shababs Aussagen sind ein Lehrstück politischer Doppeldeutigkeit. Während er sich von Israel abgrenzt, signalisiert er Offenheit. Während er sich von Hamas distanziert, sucht er Nähe zur PA. Während er sich von ISIS lossagt, bleibt unklar, wer ihn wirklich unterstützt. Es ist das klassische Spiel der Masken in einem zerrissenen Gebiet, in dem Loyalitäten sich schneller ändern als die Frontverläufe.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 8. Juni 2025