Zurück aus der Hölle – Israel birgt die Leichen von Judith und Gadi Haggai
Sie gingen am Morgen des 7. Oktober spazieren. Monate später kehren sie heim – ermordet, verschleppt und jahrelang vermisst. Jetzt gibt es endlich Gewissheit.

In den frühen Morgenstunden des Donnerstags wurde Israel Zeuge eines stillen Triumphs – kein Sieg, der gefeiert wird, sondern ein Moment des Innehaltens, des Trauerns und der Würdigung. Die Leichen von Judith Weinstein Haggai und ihrem Ehemann Gadi Haggai wurden in einer verdeckten Operation der israelischen Armee und des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet aus dem Gazastreifen geborgen. Beide waren am 7. Oktober 2023 im Kibbutz Nir Oz von Terroristen der sogenannten „Mudschaheddin-Brigaden“ ermordet und ihre Leichname anschließend entführt worden.
Erst im Dezember hatte die israelische Armee den Tod des Ehepaars bestätigt – basierend auf Geheimdienstinformationen. Nun, über ein halbes Jahr später, konnten ihre Körper zurückgebracht werden. Die entscheidenden Hinweise kamen laut IDF aus einem Verhör eines festgenommenen Terroristen. Auf Grundlage dieser Informationen führten Spezialeinheiten unter dem Südkommando die riskante Operation durch – erfolgreich.
Das Paar war nicht einfach eine weitere Zahl in der erschütternden Bilanz des 7. Oktober. Judith, 70 Jahre alt, war Englischlehrerin für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Sie nutzte Achtsamkeit und Meditation, um jungen Menschen mit Ängsten Halt zu geben. Eine Dichterin, Friedensaktivistin, Mutter, Großmutter – eine Frau, die an das Gute glaubte, selbst als die Welt um sie herum auseinanderbrach. Gadi, 72, galt als musikalisches Genie seit frühester Kindheit. Veganer, Koch, scharfer Denker, liebevoller Vater. Zusammen hinterließen sie vier Kinder und sieben Enkelkinder.
Am Morgen des Angriffs gingen sie wie so oft gemeinsam spazieren. Es sollte das letzte Mal sein. Ihre Mörder entrissen ihnen nicht nur das Leben, sondern auch die Würde – indem sie ihre Leichen verschleppten, als seien sie Beute. Monate der Ungewissheit folgten, des Bangens und Hoffens. Jetzt kehren sie zurück – nicht lebendig, aber nicht mehr in den Händen ihrer Peiniger.
Die Familie, der Kibbutz Nir Oz und die israelische Gesellschaft zeigen sich erleichtert, dass Judith und Gadi nun würdevoll bestattet werden können. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: „Wir begrüßen die Rückkehr unserer Liebsten, die an diesem Schwarzen Schabbatmorgen zu einem Spaziergang aufbrachen und nie zurückkehrten.“ Zugleich erinnerten sie an die bleibende Wunde: Noch immer befinden sich 12 Geiseln aus Nir Oz und insgesamt 56 Menschen in der Gewalt der Hamas oder ihrer Ableger.
Das „Forum der Geiselfamilien“ fand klare Worte: „Ein Grab ist kein Privileg. Ein Grab ist ein menschliches Grundrecht. Ohne es sind weder persönliche noch nationale Heilung möglich.“ Die Rückkehr der Leichen sei eine Mahnung an die politischen Entscheidungsträger: Alle verbleibenden Geiseln – lebendig oder tot – müssten endlich zurückgebracht werden. Und das nicht in einem fernen Morgen, sondern jetzt.
Es war kein lauter Moment. Keine Kameras begleiteten die Rückführung. Kein Spektakel. Nur Stille. Und darin liegt eine Botschaft: Die Toten kehren zurück. Die Verantwortung aber bleibt – für die Lebenden, die warten, für die Toten, die noch im Dunkeln liegen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Hostages and Missing Families Forum
Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 5. Juni 2025