Iran taumelt – und blufft weiter: Warum ein israelischer Angriff wahrscheinlicher ist, als Teheran zugibt
Die Islamische Republik ringt mit Hunger, Stromausfällen und Spott gegen die eigene Führung. Während der Westen verhandelt, bereitet sich Israel leise auf eine Option vor, die für Iran zur Katastrophe werden könnte.

Der Mann, der fast täglich mit Kriegsrhetorik auf sich aufmerksam macht, wird in seinem eigenen Land verlacht. Hossein Salami, Kommandeur der Revolutionsgarde, droht mit Vergeltung, atomarer Macht und Vernichtung – doch selbst in Teheran glaubt ihm kaum noch jemand. „Salami wird als ungebildet verspottet“, sagt der iranische Politik-Experte Beni Sabti vom Institut für nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv. „Er macht Drohungen zur Routine. Keiner nimmt ihn ernst.“ Es ist ein Satz, der mehr über den Zustand des Mullah-Regimes verrät als jede offizielle Verlautbarung: Iran ist angeschlagen, innerlich zerrüttet, und damit nicht bereit für das, was kommen könnte – einen gezielten israelischen Angriff auf sein Atomprogramm.
Seit Wochen mehren sich Berichte, Israel sei bereit, ohne die USA gegen iranische Atomanlagen vorzugehen. Doch was wie ein Damoklesschwert klingt, ist für Sabti kein Kriegssignal, sondern Teil eines alten Spiels. „Das ist keine neue Krise“, sagt er. „Es ist iranisches Schach – ein bekanntes Muster aus Drohung, Verzögerung, Scheinangeboten.“ Teheran verhandle nicht, es taktiere. Immer dann, wenn Druck steige, zeige man sich kompromissbereit. Aber nur, um Zeit zu gewinnen.
Genau diese Taktik ist derzeit wieder zu beobachten. Während Ex-US-Präsident Donald Trump laut Berichten dem iranischen Obersten Führer ein Ultimatum übermitteln ließ, bietet Teheran im Gegenzug Gespräche über Inspektionen, Anreicherung und Zentrifugen an – ohne wirklich zu handeln. Für Sabti ist klar: „Diese Kompromissvorschläge sind nichts als taktische Spielzüge. Iran wird sich erst bewegen, wenn es ihm nützt.“
Doch die Karten, die Iran in der Hand hält, sind schwächer denn je. Während Israels Armee modernste Fähigkeiten hat, fliegt Irans Luftwaffe auf Maschinen aus den 1960er-Jahren. „Militärisch ist da nichts zu holen“, sagt Sabti nüchtern. Viel entscheidender sei jedoch der Zustand im Inneren des Landes: „Es fehlt an allem. Brot, Strom, selbst die Geduld der Bevölkerung.“ Streiks greifen um sich, eine neue Welle des zivilen Ungehorsams erschüttert die Islamische Republik. Die Führung verliert die Kontrolle – und das Vertrauen der Straße.
Diese Dynamik macht ein kalkuliertes Vorgehen Israels realistischer. „Israel hat die militärische Fähigkeit – ohne Zweifel“, betont Sabti. Die eigentliche Frage sei nicht das Ob, sondern das Wann und vor allem: mit wem. „Die Koordination mit den USA ist entscheidend. Israel kann allein handeln, aber mit amerikanischer Unterstützung wäre es sicherer.“
Trotz allem hält Sabti eine diplomatische Lösung weiterhin für möglich – gerade weil die Lage so prekär ist. Es gebe intensive Hintergrundgespräche zwischen Israel und den USA, vermittelt von erfahrenen Unterhändlern. „Ich glaube nicht, dass es gleichzeitig eine Unterschrift unter ein Abkommen und israelische Jets in iranischem Luftraum geben wird“, sagt er. Die Diplomatie habe eine letzte Chance – sofern beide Seiten akzeptieren, dass eine graue Lösung besser sei als kein Deal.
Diese „graue Lösung“ wäre nicht die Aufhebung aller Sanktionen, nicht der komplette Stopp des Atomprogramms – sondern ein kontrollierbares Einfrieren. Für Israel wäre es nicht ideal, aber vielleicht akzeptabel. Für den Iran wäre es ein Gesichtswahrungsmanöver – in Wahrheit aber ein Eingeständnis der eigenen Schwäche.
In dieser Konstellation verliert das laute Säbelrasseln von Salami und Co. an Bedeutung. Es ist der Lärm eines Regimes, das versucht, Stärke zu simulieren, während es im Inneren kollabiert. Sabti bringt es auf den Punkt: „Iran lebt in den 1970ern. Israel in der Zukunft.“ Der Unterschied könnte bald entscheiden, ob der Nahe Osten einen neuen Krieg erlebt – oder ein befristetes Aufatmen.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 29. Mai 2025