Finanzieren israelische Steuerzahler Hilfsgelder für Gaza? – Oppositionsführer Lapid stellt brisante Fragen, Regierung dementiert
Die Regierung schweigt, Lapid klagt an: Wird humanitäre Hilfe für Gaza mit israelischem Geld bezahlt – heimlich und ohne Zustimmung der Bürger?

Es ist ein bemerkenswerter Vorgang mitten im Krieg: Israels Oppositionsführer Yair Lapid stellte am Montag in der Knesset eine provokante Frage – und traf einen empfindlichen Nerv. Er behauptete, Israel könne über zwei Tarnfirmen in der Schweiz und den USA – mit den Kürzeln GHF und SRS – die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen finanzieren. Das Besondere: Offiziell schweigt die Regierung. Lapid vermutet ein bewusstes Versteckspiel – und warnt vor einer politischen Täuschung historischen Ausmaßes.
„Wird die Hilfe mit dem Geld unserer Steuerzahler bezahlt?“, fragte Lapid mit Nachdruck in der Plenarsitzung. Und weiter: „Wenn das stimmt und die Regierung das verschweigt, dann ist das nicht nur ein Betrug an der Bevölkerung – sondern einer der größten außenpolitischen Fehler in der Geschichte Israels.“
Seine Forderung ist so simpel wie aufrüttelnd: Wenn israelisches Geld in Medikamente und Lebensmittel für Gaza fließt, solle man das international auch offen sagen. „Lasst uns endlich mit einer positiven Nachricht über Israel die Weltnachrichten eröffnen!“ Doch statt Transparenz – kam ein Dementi.
Ein Sprecher von Premierminister Benjamin Netanjahu reagierte prompt: „Israel finanziert die humanitäre Hilfe für Gaza nicht.“ Israel und die USA würden gemeinsam daran arbeiten, sicherzustellen, dass kein Geld in die Hände der Hamas gelange.
Doch der Verdacht bleibt. Und mit ihm der Verdacht auf ein doppeltes Spiel: Zwei Firmen mit undurchsichtiger Struktur – gegründet in westlichen Demokratien – als potenzielle Geldkanäle für Hilfslieferungen, die offiziell von Israel nicht kommen sollen. Was wie ein Randdetail klingt, ist in Wahrheit eine Machtfrage: Wer kontrolliert die Narrative des Krieges? Und wer trägt die Verantwortung, wenn die eigene Bevölkerung zur Kasse gebeten wird, ohne es zu wissen?
Lapid geht sogar noch weiter. Er spricht von einem moralischen, außenpolitischen und demokratischen Skandal: „Wenn schon israelisches Geld nach Gaza fließt – was man moralisch vertreten kann – dann soll die Regierung auch die Verantwortung übernehmen. Und aufhören, sich zu verstecken.“ Ein klarer Seitenhieb auf Politiker wie Ben Gvir, Smotrich und Strook, die sich gerne als harte Patrioten inszenieren, aber laut Lapid lieber schweigen, wenn es ans Eingemachte geht.
Zur selben Zeit wuchs der Druck auf Premier Netanjahu auch an anderer Stelle: Die Oppositionsparteien forderten gemeinsam, den Parlamentsbetrieb am Mittwoch so anzupassen, dass Netanjahu vor Gericht aussagen kann – und nicht den Ablauf in der Knesset als Vorwand für eine Verzögerung nutzt. „Wir werden ihm nicht erlauben, sich hinter dem Parlament zu verstecken, um seinem Prozess zu entkommen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Im Zentrum der Kritik steht auch der geplante neue Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet. Benjamin Gantz, Ex-Verteidigungsminister und Vorsitzender des Blocks der Staatsverantwortung, warnt: „Wenn der Schin Bet in politische Sümpfe gezogen wird, sind wir alle in Gefahr.“ Die Ernennung von Generalmajor Zini durch Netanjahu gegen das Urteil des Obersten Gerichtshofs sei ein politischer Akt – und bedrohe das Fundament der israelischen Demokratie.
„Der Schin Bet ist das Herz unserer Sicherheitsarchitektur. Er darf nicht zur Spielwiese politischer Interessen werden“, so Gantz. In scharfen Worten fordert er Zini auf, das Amt nicht anzunehmen – zumindest nicht unter diesen Umständen.
Doch das Thema Gaza lässt niemanden los. „Wir befinden uns in einem endlosen Krieg gegen Hamas, den Iran und islamistischen Terror“, erklärte Gantz weiter – und betonte, dass ein echter Sieg nur möglich sei, wenn die entführten Geiseln endlich zurückgebracht würden. „Die haben keine Jahre mehr zu warten. Sie brauchen eine vollständige, schmerzhafte Lösung – jetzt.“
Lapid wiederum wählte in seiner Fraktionssitzung eine andere Schärfe: Die Regierung nutze den Krieg, um den Staat finanziell zu plündern. „Der Verteidigungshaushalt ist um 15 Milliarden Schekel (etwa 3,7 Milliarden Euro) überzogen, die Gehälter sinken, die Preise steigen, und die Regierung nutzt jede Gelegenheit für Postengeschacher und politische Bestechung.“ Die Leidtragenden: Soldaten, Reservisten – und die Steuerzahler.
Laut Lapid hätten 48 Prozent der Reservisten bereits „echte wirtschaftliche Schäden“ erlitten, aber die Regierung ignoriere das – und verteile derweil großzügig Mittel an ultraorthodoxe Parteien. Auch Yair Golan, Vorsitzender der Demokraten, warf Netanjahu vor, „mit Geld politische Macht zu kaufen“, während die Soldaten und Geiseln den Preis dafür zahlten – mit ihrem Blut.“
Insgesamt zeigt sich ein düsteres Bild: Ein Staat im Krieg, dessen Regierung mutmaßlich heimlich zahlt – und sich weigert, dafür Verantwortung zu übernehmen. Eine Opposition, die aufrüttelt, aber selbst intern gespalten wirkt. Und eine Öffentlichkeit, die kaum noch durchblickt, wem sie noch trauen kann.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 27. Mai 2025