Druze-Politiker Ayoob Kara will neue Allianz mit Irak und syrischen Minderheiten – ohne Umweg über die Palästinenser
In Abu Dhabi verhandelt der frühere israelische Minister Ayoob Kara über Frieden mit dem Irak, ein Ende der iranischen Einflussnahme und Schutz für verfolgte Minderheiten in Syrien – jenseits diplomatischer Konventionen und etablierter Strukturen.

Ayoob Kara ist kein Minister mehr, kein offizieller Repräsentant Israels. Und doch spielt der prominente Druse eine zunehmend zentrale Rolle in informellen Gesprächen mit arabischen Staaten – darunter solche, mit denen Israel nicht einmal diplomatische Beziehungen pflegt. Irak, Syrien, Libanon – Namen, die bislang kaum mit Annäherung an den jüdischen Staat in Verbindung gebracht wurden. Kara jedoch trifft Delegationen aus diesen Ländern. Er vermittelt, vernetzt, bittet sogar den Vatikan um Vermittlung zwischen Frankreichs Präsident Macron und Syriens Präsident al-Sharaa – um ein mögliches Massaker an Christen, Alawiten und Drusen in Syrien zu verhindern.
Dass er in Abu Dhabi eine Delegation aus Bagdad empfängt, mag viele überraschen. Doch für Kara ist es nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Neuordnung des Nahen Ostens. „Der Irak will Israel“, sagt er im Interview. „Sie wollen den Iran loswerden – und bitten uns, der IDF zu sagen, dass sie den Iran aus dem Irak vertreiben soll.“
Was nach Wunschdenken klingt, beruht auf handfesten Interessen. Israel verfüge über bewährte Verteidigungstechnologie, die auch im Irak willkommen sei. Zudem sei Israel in der Lage, in Washington gegen Teherans Einfluss zu mobilisieren – etwas, worum die irakischen Delegierten ihn explizit gebeten hätten.
Der Krieg „Schwert aus Eisen“ habe, so Kara, das Bild Israels in der Region verändert. Nach 75 Jahren des Hasses gebe es nun eine regelrechte Nachfrage nach Zusammenarbeit. Auch die arabischen Minderheiten – Drusen, Kurden, Sunniten, selbst Teile der Schiiten – streckten die Hand aus. Die Zeit, in der der Iran als vermeintlicher Beschützer der Schiiten auftreten konnte, scheint in Karas Sicht vorbei zu sein. Und Israel, lange gemieden, wird plötzlich zur gefragten Macht.
Die Gespräche in Abu Dhabi finden im Rahmen der Initiative „Brücke zum wirtschaftlichen Frieden“ statt. Kara gründete sie nach seinem Ausscheiden aus der Regierung. Offizieller Sitz: Vereinigte Arabische Emirate. Partner: Amerikaner, Europäer. Ziel: ökonomische Kooperation vorantreiben – als Grundlage für politische Entspannung. Ganz im Sinne der Abraham-Abkommen, an deren Entstehung Kara maßgeblich beteiligt gewesen sei. „Damals haben mich alle ausgelacht“, erinnert er sich. „Aber ich habe gesagt: Wer gegen Iran ist, ist mit uns. Und so kam es.“
Schon als Minister für regionale Zusammenarbeit und für Kommunikation habe er daran gearbeitet, Israels Nachbarn durch gemeinsame Interessen – vor allem die Gegnerschaft zum Iran – zusammenzubringen. Diese Vision sei heute Realität.
Kara, selbst Teil der Drusengemeinschaft, fühlt sich nicht nur Israel verpflichtet. Auch die Drusen in Syrien, Libanon und Jordanien zählen für ihn zu seiner Verantwortung. Ihre Situation sei verzweifelt – insbesondere in Syrien, wo sie jahrelang auf Assad gesetzt hätten. Kara aber habe sich früh gegen das Regime gestellt, nicht zuletzt, weil es Massaker an der eigenen Bevölkerung zuließ. Dass er tausende verwundete Syrer nach Israel bringen ließ, brachte ihm in der Diaspora heftige Kritik ein. Und dennoch blieb er bei seiner Haltung – so konsequent, dass er sogar eine Einladung zum Dinner mit Wladimir Putin ablehnte. „Ich habe gesagt: Ich sitze nicht mit einem, der Völkermord in Syrien unterstützt.“
Heute jedoch, so Kara, sei der Bruch zwischen den syrischen Drusen und dem Assad-Regime vollzogen. „Sie haben sich gegen die ausländischen Kräfte erhoben – gegen den Iran, gegen die Hisbollah.“ Seitdem arbeite er eng mit ihnen zusammen. Internationale Delegationen aus Syrien, die mit Amerikanern, Türken oder Jordaniern verhandeln, wollten ihn dabei haben. Kara fungiert als Verbindungsglied zwischen den unterschiedlichen Gemeinschaften – politisch ohne Mandat, aber mit moralischem Rückhalt.
Sein Ziel: ein stabiler, friedlicher Naher Osten, in dem wirtschaftliche Interessen Extremismus verdrängen. Und in dem Israel nicht länger als Fremdkörper gilt, sondern als Partner. „Die Beziehungen verändern sich. Was gerade passiert, ist ein Bruch mit der Vergangenheit – und eine historische Chance für alle Seiten.“
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Par Remi Jouan — Photo taken by Remi Jouan, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25638987
Artikel veröffentlicht am: Samstag, 24. Mai 2025