Ronen Bar kündigt Rücktritt an – Israel zwischen Dankbarkeit und Misstrauen


Der Chef des Shin Bet zieht Konsequenzen aus dem 7. Oktober – doch sein Abgang spaltet das Land.

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Ronen Bar, der Leiter des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, hat am Montagabend offiziell seinen Rücktritt zum 15. Juni 2025 angekündigt. Bei einer Gedenkveranstaltung für die im Dienst gefallenen Mitarbeiter betonte er, dass er nach 35 Jahren im Einsatz für Israels Sicherheit einen geordneten Übergang ermöglichen wolle. Bar sprach von Loyalität, Verantwortung und davon, dass der 7. Oktober 2024 jeden dazu verpflichtet habe, sich den eigenen Versäumnissen zu stellen.

Seine Entscheidung löste im politischen Israel jedoch sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Während manche Bars Schritt als notwendigen Akt der Verantwortungsübernahme würdigten, kritisierten andere ihn als späte oder gar politische Geste.

Oppositionsführer Yair Lapid begrüßte den Rücktritt und nannte ihn „die richtige und angemessene Entscheidung“. Er forderte zugleich politische Konsequenzen über den Fall Bar hinaus: "Von jenen, die für das größte Versagen in der Geschichte unseres Landes verantwortlich sind, hält nur noch einer am Stuhl fest. Israel verdient Neuwahlen jetzt", schrieb er auf X (vormals Twitter).

Auch Yair Golan von den Demokraten bedankte sich öffentlich bei Bar, verbunden mit einem Appell an Premierminister Benjamin Netanjahu: "Jetzt bist du dran." Abgeordnete Naama Lazimi ergänzte, dass „alle Verantwortung übernehmen, außer dem einen, der das Land weiter ins Chaos treibt“.

Doch auf Seiten der Regierungskoalition dominierte eine völlig andere Sichtweise. Dort wurde Bars Ankündigung eher als symbolischer Akt eines Mannes verstanden, der nach Meinung vieler längst zum Rücktritt gezwungen worden war. Nationaler Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir etwa kommentierte Bars Entscheidung mit einem knappen "Good riddance". Der Likud-Abgeordnete Shlomo Karhi warf Bar vor, der Regierung durch seinen Rücktritt zuvorgekommen zu sein: "Die Regierung hat dich am 10. April entlassen. Deine Selbstinszenierung schadet der nationalen Sicherheit!"

Auch die Likud-Abgeordnete Tally Gotliv ließ kein gutes Haar an Bar. In scharfen Worten beschuldigte sie ihn, sich durch seine Erklärung reinwaschen zu wollen und verwies auf die anstehenden Untersuchungen zum 7. Oktober: "Wir werden uns vor einer Untersuchungskommission wiedersehen", schrieb sie.

In seiner Rede hatte Bar betont, dass es darum gehen müsse, die institutionelle Unabhängigkeit des Shin Bet auch für die Zukunft zu sichern. Für ihn sei der Rücktritt ein Schritt, der das Vertrauen in die staatlichen Institutionen stärken solle – nicht schwächen. Dennoch zeigt die hitzige Debatte um seinen Abschied, wie tief das Misstrauen zwischen Teilen der Politik, der Sicherheitsdienste und der Gesellschaft reicht.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Montag, 28. April 2025

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