Europa will auf die Gaza-Karte setzen – Brüssel drängt auf Sitz im neuen „Friedensrat“


Ein internes EU-Dokument zeigt: Brüssel will sich aktiv in die Umsetzung des von Donald Trump initiierten Gaza-Plans einbringen. Die Europäische Union drängt auf einen Platz im geplanten „Board of Peace“ – einem Aufsichtsgremium, das den Wiederaufbau und die Übergangsverwaltung des Gazastreifens überwachen soll. Doch die israelische Skepsis bleibt groß.

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Während in Israel die Rückführung der letzten toten Geiseln noch immer im Zentrum der nationalen Aufmerksamkeit steht, arbeitet Europa bereits an der politischen Nachkriegsordnung: Die Europäische Union will nach eigenen Angaben ihre Rolle beim Wiederaufbau Gazas deutlich ausweiten – und einen Platz am Tisch der Macht sichern.

Laut einem internen Papier des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS), das Reuters vorliegt, sollen die EU-Mitgliedstaaten bei ihrem Treffen in Luxemburg beraten, wie Europa den von US-Präsident Donald Trump vorangetriebenen Gaza-Friedensplan konkret unterstützen kann.

Das Dokument zeigt, dass Brüssel darauf drängt, Mitglied des geplanten internationalen „Board of Peace“ zu werden – eines von den USA vorgeschlagenen Aufsichtsgremiums, das die Übergangsverwaltung Gazas koordinieren soll. Ziel sei es, „strategische Entscheidungen mitzugestalten und europäische Einflussmöglichkeiten zu maximieren“.

Europas Anspruch – und Israels Vorsicht

Das „Board of Peace“, das von Trump persönlich geleitet werden soll, ist Teil seines 20-Punkte-Plans für Gaza. Er sieht eine Übergangsregierung aus palästinensischen Technokraten vor, die von internationalen Experten unterstützt und streng überwacht wird.
Die Hamas soll entwaffnet, die Infrastruktur wiederhergestellt und die Verwaltung unter internationale Aufsicht gestellt werden – bis die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) wieder Verantwortung übernehmen kann.

Doch genau dieser Punkt ist umstritten. In Jerusalem herrscht Skepsis: Israel fürchtet, dass der Einfluss Brüssels zu einer indirekten Stärkung der PA führen könnte – einer Behörde, die aus israelischer Sicht nicht reformiert, nicht rechenschaftspflichtig und tief in Korruption verstrickt ist.

Ein israelischer Diplomat formulierte es so :
„Europa spricht von Frieden, aber oft meint es Verwaltung. Die Gefahr ist, dass Brüssel am Ende wieder Geld überweist, während Hamas und ihre Erben die Realität vor Ort bestimmen.“

Milliardenhilfen mit politischem Preis

Laut dem EU-Papier hat Brüssel im Finanzrahmen 2025–2027 rund 1,85 Milliarden US-Dollar für die Palästinensischen Gebiete vorgesehen. Ein Teil dieser Mittel soll gezielt für den Wiederaufbau Gazas verwendet werden – verbunden mit der Option, europäische Zivilschutzkräfte und Überwachungsmissionen einzusetzen.

Besonders im Fokus steht die Reaktivierung der seit Jahren ruhenden EU-Mission EUBAM Rafah, die als neutrale Beobachterstruktur am Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten dienen könnte. Diese Mission war ursprünglich 2005 eingerichtet worden, wurde aber nach der Machtübernahme der Hamas 2007 eingestellt.

Nach den Vorstellungen der EU könnte EUBAM Rafah wieder aktiviert werden, um Warenströme und Sicherheitsbewegungen zu überwachen und die „Humanisierung der Grenzpolitik“ zu fördern – eine Formulierung, die in Israel auf wenig Verständnis stößt.

Wunsch nach Mitsprache – und Machtbalance

Das Dokument betont, die EU müsse „ihre Hebelwirkung maximieren, um durch die Vielzahl ihrer Instrumente mehr Einfluss zu gewinnen“. Dazu zählen diplomatische Beziehungen, Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit – kurz: Geld gegen Einfluss.

Gleichzeitig zeigt das Papier, dass innerhalb Europas keine Einigkeit herrscht: Osteuropäische Staaten wie Ungarn und Tschechien fordern eine klare Unterstützung Israels, während andere – insbesondere Belgien, Irland und Spanien – auf eine stärkere Rolle der PA und „palästinensischer Zivilakteure“ pochen.

In Israel betrachtet man diese Ambitionen mit gemischten Gefühlen. Einerseits erkennt man den möglichen Beitrag der EU zum Wiederaufbau an, andererseits warnt man vor einer politischen Verwässerung des klaren Sicherheitsansatzes, den Trumps Plan vorgibt.
Ein Berater im israelischen Sicherheitskabinett sagte:
„Jede internationale Struktur funktioniert nur, solange sie Hamas draußen hält. Sobald europäische Bürokraten mit moralischer Belehrung eintreten, verliert das Projekt seine Stabilität.“

Zwischen Pragmatismus und Politik

Der Trump-Plan für Gaza wird von Ägypten und Jordanien mitgetragen, die eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung des neuen Verwaltungskomitees spielen sollen. Beide Länder warnen davor, dass ein übermäßiger Einfluss der EU den arabischen Pragmatismus untergraben könnte, der den Plan bislang stützt.

Auch in Washington sieht man die europäischen Ambitionen kritisch. Ein US-Regierungsvertreter erklärte gegenüber Reuters, die USA begrüßten „jeden Beitrag der EU, der den Frieden stärkt – aber nicht, wenn er ihn verwässert“.

Damit zeichnet sich ein vertrautes Muster ab: Europa will gestalten, Washington will führen, Israel will Sicherheit – und Gaza bleibt das Versuchsfeld für internationale Ambitionen.

Wie ein israelischer Analyst es formulierte:
„Die EU will am Friedensprozess teilnehmen, doch sie vergisst, dass Frieden in dieser Region nicht am Verhandlungstisch, sondern an der Grenze entsteht.“

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 14. Oktober 2025

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