Davos: 83-Jähriger gesteht Morddrohungen gegen jüdische Gäste


In Davos hat ein 83-jähriger Mann antisemitische Drohbriefe mit Morddrohungen an Hotels verschickt. Der Fall zeigt, wie tief Judenhass auch in der Schweiz verankert ist – und wie unsicher jüdische Gäste sich fühlen müssen.

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Davos – eigentlich Inbegriff von Ruhe, Bergen und Tourismusidylle. Doch hinter der Postkartenkulisse gärt ein Problem, das sich längst nicht mehr leugnen lässt: Antisemitismus. Die Bündner Kantonspolizei hat jetzt den Verfasser mehrerer Drohbriefe ermittelt, die 2024 und 2025 an Hotels in Davos verschickt wurden. Es ist ein 83-jähriger Mann aus der Region – und er hat gestanden.

Die Briefe richteten sich gezielt gegen jüdische Gäste, viele davon orthodoxe Familien, die in den Sommer- und Wintermonaten seit Jahrzehnten in Davos Urlaub machen. In mindestens einem Schreiben fand sich sogar eine Morddrohung. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) hatte bereits im Juli 2025 auf den jüngsten Fall aufmerksam gemacht. Damals ging bei einem Hotel ein Schreiben ein, das gezielt jüdische Touristen einschüchtern sollte.

Doch die Bedrohung ist keine Einzelerscheinung. Schon im September 2024 war ein Hotel betroffen, das regelmäßig jüdische Gäste beherbergt. Zuvor, im Sommer desselben Jahres, wurde ein 19-jähriger orthodoxer Jude in Davos von zwei Männern angegriffen. Die Polizei reagierte damals mit einer Sonderermittlungsgruppe. Nun also die Festnahme des 83-Jährigen – ein Mann, der offenbar jahrelang im Verborgenen seinen Hass auf Papier brachte.

Die Behörden betonen, dass keine Hinweise vorliegen, er habe seine Drohungen tatsächlich umsetzen wollen. Doch wer antisemitische Drohungen formuliert, setzt eine Botschaft: Juden sollen sich hier nicht sicher fühlen. Genau diese Botschaft ist längst angekommen. Denn die jüngsten Zahlen belegen einen gefährlichen Trend: Laut Antisemitismusbericht 2024 des SIG und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus wurden im vergangenen Jahr 221 Vorfälle registriert – ein Anstieg um 43 Prozent im Vergleich zu 2023.

Besonders in der Westschweiz hat sich die Zahl der Fälle nahezu verdoppelt. Die Dunkelziffer gilt als hoch. Und die Bandbreite reicht von Schmierereien, Beleidigungen und Drohungen bis hin zu physischen Angriffen – wie im März 2024 in Zürich, als ein 15-jähriger Jugendlicher einen orthodoxen Mann mit einem Messer schwer verletzte.

Die Schweiz, oft als Hort von Sicherheit und Neutralität wahrgenommen, zeigt damit ein hässliches Gesicht. Wer heute als jüdischer Gast nach Davos kommt, weiß: Es gibt nicht nur Berge und Hotels, sondern auch Drohungen und Übergriffe. Der Fall des 83-Jährigen ist dabei mehr als eine skurrile Randnotiz über einen alten Mann mit Hass im Herzen. Er ist ein Symptom für ein Klima, in dem antisemitische Ressentiments offen ausgesprochen werden – und in dem Jüdinnen und Juden sich auch in den wohlhabendsten Regionen Europas nicht sicher fühlen können.

Antisemitismus ist kein Randphänomen, keine Frage des Alters oder der sozialen Schicht. Er reicht von Jugendlichen mit Messern bis zu alten Männern mit Schreibmaschinen. Dass sich diese Taten häufen, zeigt: Die Warnungen jüdischer Organisationen sind nicht Alarmismus, sondern bittere Realität.

Die Justiz wird nun über den 83-Jährigen urteilen. Doch das größere Urteil muss sich die Gesellschaft selbst stellen: Warum erleben Juden im Jahr 2025 in der Schweiz wieder Angst, Ausgrenzung und Gewalt? Davos sollte Touristen willkommen heißen – statt Drohungen, die an die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte erinnern.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 2. Oktober 2025

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