„Man muss zweimal überlegen, ob man auf die Straße geht“ – Michal Gerzig über das Leben als Israelin in Spanien
Die israelische Model- und Musikerin Michal Gerzig lebt mit Ehemann Thibaut Courtois, dem Torwart von Real Madrid, in Spanien. In einem exklusiven Interview berichtet sie von Angst, Anfeindungen – und davon, warum sie ihre israelische Identität niemals versteckt.

Für viele Israelis klingt es nach einem Traum: Leben in Madrid, verheiratet mit einem Weltstar, beruflich erfolgreich, als Model etabliert und nun auch musikalisch aktiv. Doch Michal Gerzig, die Frau an der Seite von Real-Madrid-Torhüter Thibaut Courtois, beschreibt diesen Alltag in ganz anderen Worten: kompliziert, angespannt und voller Unsicherheit.
In einem exklusiven Interview mit dem israelischen Sender N12 sprach die 29-Jährige offen über die Schattenseiten ihres Lebens in Spanien, einem Land, das seit Beginn der Gaza-Offensive zu den lautstärksten Kritikern Israels gehört. „Die Israelin in mir ist ein Teil meiner Identität, den jeder sieht und den ich niemals ablegen könnte – selbst wenn ich wollte“, betont Gerzig. „Und genau darauf bin ich auch am meisten stolz. Aber in diesen Tagen ist es schwerer, gefährlicher. Es gibt Demonstrationen, es gibt Hass, und ich spüre das in meinem Alltag.“
Angst, die zum Begleiter wird
Gerzig beschreibt, wie alltägliche Dinge plötzlich zum Risiko werden: „Ja, selbst spazieren zu gehen. Man muss zweimal überlegen, wohin man geht, mit wem man unterwegs ist, und ob es das überhaupt wert ist. Man schaut sich ständig um, mit ‚einer Million Augen‘, wie ich es nenne, um sicherzugehen, dass keine Gefahr droht.“
Die junge Mutter lebt mit Courtois und ihrer Tochter in der spanischen Hauptstadt. Was für viele ein glamouröser Lebensmittelpunkt wäre, ist für sie ein Leben unter Beobachtung. Spanien gilt seit Jahrzehnten als Land, in dem antisemitische Stereotype in Politik und Gesellschaft fest verankert sind. In den vergangenen Monaten nahmen antiisraelische Kundgebungen deutlich zu, zuletzt auch während eines Radrennens, bei dem Demonstranten mit Palästina-Fahnen den Ablauf störten.
„Spanien ist ein sehr antisemitisches Land“, sagt Gerzig klar. Sie spricht von Nachrichten voller Hass, die sie im Netz erhält – von Beleidigungen über widerwärtige Beschimpfungen bis zu offenen Drohungen. „Von Angesicht zu Angesicht treffe ich zum Glück häufiger auf Unterstützung. Aber online, da sieht man das wahre Gesicht mancher Menschen.“
Rückhalt durch den Ehemann
In dieser Situation spielt Courtois eine entscheidende Rolle. Der belgische Nationaltorhüter ist nicht nur sportlich eine globale Größe, sondern auch privat zu einem Verteidiger der israelischen Sache geworden. „Er hat meine israelische Identität übernommen und macht sie zu seiner eigenen. Er ist unglaublich stolz darauf. Er diskutiert, er mischt sich ein, er will die Meinung der Menschen verändern“, erzählt Gerzig.
Gerade in einem Umfeld, in dem Spanien politisch oft auf Distanz zu Israel geht, sei diese Unterstützung unbezahlbar. „Er hat keine Angst, sich zu positionieren. Er erklärt, er argumentiert, und er tut das mit Leidenschaft. Das gibt mir Halt.“
Hass auf den Straßen – und die Entscheidung, stark zu bleiben
Bereits Anfang des Jahres berichtete Gerzig von Begegnungen auf der Straße, die deutlich machten, wie tief die Ablehnung reicht: „Manche Menschen wollen überhaupt nicht reden oder zuhören. Sie kommen mit Hass, und es geht ihnen nur darum, diesen Hass auszuspeien. Sie wünschen einem Dinge, die man kaum wiederholen möchte. Solchen Menschen kann man nichts entgegensetzen – außer zu schweigen und nicht einzusteigen.“
Ihre Haltung dazu ist klar: „Ich bin Israelin, ich bleibe es, und ich werde es nie verstecken. Auch wenn es schwer ist – gerade jetzt bin ich am meisten stolz darauf.“
Ein neuer Weg: Von der Mode zur Musik
Neben den politischen Herausforderungen zeigt Gerzig eine andere Seite von sich. Überraschend wagte sie den Schritt in die Musik. Vor kurzem veröffentlichte sie ihren ersten Song – entstanden fast beiläufig in einem Studio, das ihrem Mann gehört. „Musik war immer Teil meines Lebens. Ich habe es geliebt zu singen. Irgendwann meinte jemand: Gib dem doch eine Chance. Und so habe ich es getan.“
Das Resultat: ein spontaner Song, der weit über ihre Erwartungen hinaus positive Resonanz fand. „Die Reaktionen waren überwältigend. So viel Liebe, so viel Unterstützung – ich habe nicht damit gerechnet. Es war wie ein warmer Schauer über das Herz.“
Ob daraus nun eine ernsthafte musikalische Karriere wird, lässt sie offen. „Ich habe nie groß geplant, aber vielleicht mache ich weiter. Nach den Reaktionen wäre es schade, nicht zumindest darüber nachzudenken.“
Das doppelte Leben einer Israelin im Ausland
Das Interview mit N12 zeigt, wie stark sich die Welt seit dem 7. Oktober 2023 und den darauffolgenden Kriegen für Israelis verändert hat – auch fernab des Nahen Ostens. Was in Gaza und Jerusalem geschieht, bestimmt das Leben in Madrid, Paris oder Berlin. Gerzig verkörpert diesen Zwiespalt: das internationale Leben einer Frau, die im Rampenlicht steht, und die zugleich die Bürde trägt, Israelin zu sein in einem Land, das ihr Land mit wachsender Feindseligkeit betrachtet.
Doch anstatt klein beizugeben, sendet sie eine Botschaft: „Ich bin stolz auf mein Land, ich bin stolz auf meine Herkunft. Und das wird sich niemals ändern.“
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot Instagram
Artikel veröffentlicht am: Montag, 8. September 2025