666 Tage in der Hölle – und Europa schaut endlich hin


Die Welt hat weggesehen, bis es zu grausam wurde. Jetzt – nach über 666 Tagen in den Tunneln der Hamas und des Islamischen Dschihad – beginnt sich etwas zu bewegen. Doch ist es genug?

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Es brauchte zwei Videos. Zwei Gesichter. Zwei zerbrechliche Überlebende aus der Hölle unter Gaza: Evyatar David, ausgezehrt, kaum wiederzuerkennen. Rom Braslavski, gebrochen, aber am Leben. Entführt, verschleppt, gefoltert – fast zwei Jahre lang. Erst diese Bilder, verbreitet von Hamas und dem Palästinensischen Islamischen Dschihad selbst, haben nun ein politisches Erdbeben ausgelöst.

Am vergangenen Wochenende veröffentlichten zwölf Außenminister westlicher Demokratien – darunter Frankreich, Großbritannien, Kanada, Schweden, die Niederlande und die EU-Kommission – scharfe Stellungnahmen. Sie fordern die unverzügliche und bedingungslose Freilassung aller israelischen Geiseln in Gaza. Endlich. Es ist ein moralisches Minimum, das viel zu lange auf sich warten ließ.

Endlich klare Worte – aber nicht von allen

Mit Ausnahme von Panama, Paraguay und Serbien sprachen sich fast alle beteiligten Staaten auch für die Entwaffnung der Hamas und ihre Entfernung aus der Machtstruktur Gazas aus. Ein bemerkenswerter Schritt, insbesondere da viele dieser Länder bislang auf „Ausgleich“, „Verständnis“ oder gar „Zurückhaltung“ setzten – selbst angesichts unbestreitbarer Terrorakte.

Einige, etwa Schweden, das Vereinigte Königreich, Kanada, Finnland und die Ukraine, ergänzten ihre Aufrufe durch eine Forderung nach einem Waffenstillstand. Dass dabei die Bedingung der Geiselfreilassung an erster Stelle steht, ist entscheidend – und eine Abkehr vom früheren Reflex, Israel zur Zurückhaltung zu mahnen, während Terroristen ihre Opfer vor laufender Kamera erniedrigen.

Auch humanitäre Hilfe wurde thematisiert – allerdings nicht einheitlich. Während Frankreich, Schweden und Finnland auf massiven, ungehinderten Zugang pochen, lehnten etwa Tschechien, die Niederlande und Panama diese Formulierungen ab – offenbar aus Sorge, dass „Hilfslieferungen“ weiterhin zur Stärkung der Hamas missbraucht werden.

Frankreich zwischen Solidarität und Widerspruch

Heraus sticht der französische Außenminister Jean-Noël Barrot. Seine Botschaft verfasste er nicht nur auf Französisch, sondern auch auf Hebräisch – ein symbolischer Akt der Nähe, gerade in einer Zeit, in der die diplomatischen Beziehungen zwischen Paris und Jerusalem so gut sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und doch bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Frankreich kündigte zugleich an, bei der kommenden UN-Generalversammlung im September einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen – und drängt Kanada und Großbritannien zur Nachahmung.

Das ist der Kern des europäischen Dilemmas: Solidarität mit israelischen Geiseln einerseits – und die diplomatische Aufwertung eines Gebildes andererseits, in dem Hamas und Islamischer Dschihad noch immer das Sagen haben. Wie soll das zusammenpassen?

Niederlande und die harte Linie

Deutlicher als viele seiner Amtskollegen war Caspar Veldkamp, der niederländische Außenminister. Er bekräftigte die niederländische Unterstützung für EU-Sanktionen gegen Hamas und den Islamischen Dschihad, und machte klar: Es gibt kein legitimes „Widerstandsrecht“, das Geiselnahme, Folter und systematische Missachtung des Völkerrechts rechtfertigt. Wer das duldet oder relativiert, stellt sich gegen jede Form westlicher Werte.

Diese Klarheit ist notwendig. Denn was nun ans Licht kommt – durch die Videos, durch medizinische Einschätzungen, durch Zeugenaussagen befreiter Geiseln – übertrifft selbst die schlimmsten Befürchtungen: systematische psychische Zermürbung, gezielte Unterernährung, medizinische Vernachlässigung, völlige Isolation.

Ein diplomatischer Appell mit zu wenig Konsequenz

Gideon Saar, israelischer Minister und einer der prominentesten Befürworter einer kompromisslosen Geiselbefreiung, reagierte prompt. Gemeinsam mit Israels UN-Botschafter Danny Danon organisierte er eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York, um das Schicksal der Geiseln auf die weltpolitische Bühne zu bringen. Eine Initiative, die späte, aber wichtige Resonanz fand.

Und doch bleibt ein entscheidender Mangel: Wo sind die konkreten Folgen? Wo bleiben Sanktionen gegen Katar, das als Rückzugsort der Hamas-Führung fungiert? Wo ist der Stopp von Hilfszahlungen, solange keine vollständige Aufklärung über den Verbleib aller Geiseln erfolgt? Wo sind die internationalen Haftbefehle gegen die Drahtzieher dieser Entführungen?

Es reicht nicht, die Grausamkeit zu betrauern und moralisch zu verurteilen. Wer von „Nie wieder“ spricht, muss handeln – erst recht, wenn Juden im Jahr 2025 erneut verschleppt, entmenschlicht und gefoltert werden, während die Welt zusieht.

Was jetzt zählt

Was die Videos von Evyatar David und Rom Braslavski offenlegen, ist nicht nur das Leiden zweier junger Israelis. Es ist der Spiegel einer Welt, die zu lange gezögert hat, sich eindeutig zu positionieren. Wer jetzt noch schweigt – oder feige Lavieren mit „Symmetrie“ rechtfertigt –, macht sich mitschuldig am Fortbestand eines Terrorsystems, das nicht nur Israel bedroht, sondern jede Form von Menschlichkeit untergräbt.

Die Botschaften aus Europa und Amerika sind ein Anfang. Nicht mehr. Der wahre Test folgt erst: Wird man bereit sein, Druck zu machen? Wird man endlich aufhören, Täter und Opfer zu verwechseln? Wird man das Leid der Geiseln über geopolitische Spielchen stellen?

Noch leben sie. Noch kann man sie retten.

Autor: Redaktion

Artikel veröffentlicht am: Donnerstag, 7. August 2025

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