„Ich bringe euch um“ – Wie eine israelische Familie in Polen zum Ziel antisemitischen Hasses wurde
Ein harmloser Familienurlaub wird zum Albtraum: In Krakau wird eine israelische Mutter mit Mord bedroht, weil sie eine Unterkunft gebucht hat. Der Hass trifft nicht nur Touristen – er trifft jüdisches Leben in Europa im Mark.

Es sollte ein friedlicher Sommerurlaub werden – der erste Auslandsaufenthalt für die fünfköpfige Familie Goldberg, die sich zwischen Polen und der Slowakei ein paar Tage Familienzeit gönnen wollte. Doch in Krakau, einer Stadt mit reicher jüdischer Geschichte und historisch-moralischer Bedeutung, erwartete sie kein freundlicher Empfang, sondern blanker Judenhass.
Als die Mutter, Judith Goldberg, per WhatsApp dem Unterkunftsvermieter eine einfache Frage stellte – „In welchem Stock ist die Wohnung?“ –, kam keine freundliche Antwort. Stattdessen antwortete der Mann, offenbar der Besitzer oder ein Mitarbeiter der Ferienwohnung, mit einem Ausbruch puren Hasses: „Free Palestine – I’ll kill you“. „Befreit Palästina – ich bringe euch um.“
Das war kein Missverständnis. Kein Übersetzungsfehler. Sondern eine klare, bewusste Morddrohung, adressiert an eine jüdische Mutter und ihre Kinder – weil sie Israelis sind.
Morddrohungen statt Gastgeberfreundlichkeit
Die Familie reagierte sofort. Sie verließ das Gebäude umgehend, kontaktierte Booking.com mit der Bitte, die Reservierung rückgängig zu machen, und suchte sich noch in derselben Nacht eine neue Unterkunft. Der Schock saß tief. Nicht nur wegen der offensichtlichen Bedrohung – sondern auch, weil er völlig aus dem Nichts kam. Es war die erste große Reise der Familie, organisiert trotz der angespannten Sicherheitslage. Und dann das: blanke, rohe Gewaltfantasie, gerichtet gegen Kinder.
Dvorah, eine Freundin der Familie, schilderte, wie sehr die Goldbergs erschüttert waren. „Sie haben einfach eine ganz harmlose Frage gestellt – und dann sowas. Natürlich haben sie die Wohnung sofort verlassen. Jetzt haben sie Angst, überhaupt noch einmal eine private Unterkunft zu buchen.“ Der Gedanke, erneut einer fremden Person in einer fremden Stadt ausgeliefert zu sein, sei unerträglich geworden.
Antisemitismus auf Reisen – kein Einzelfall
Der Vorfall in Krakau ist kein Ausreißer. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass eine andere israelische Familie in einer Zagreber Restaurant abgewiesen wurde – weil die Kellnerin nach eigener Aussage „keine Israelis bedienen wollte“. Kein Streit, kein Missverständnis – nur die Herkunft war ausschlaggebend.
Und solche Berichte häufen sich. Immer mehr israelische Reisende berichten von subtiler Ausgrenzung, kaltem Misstrauen – oder offenem Hass. Der Ton hat sich verschärft. Antisemitismus ist in Teilen Europas wieder salonfähig geworden – und der Gaza-Krieg wird immer öfter als Vorwand genutzt, um Jüdinnen und Juden als Feindbild zu markieren. Unterschwellig, strukturell – und zunehmend aggressiv.
Was hier in Polen passiert ist, ist daher kein lokales Problem. Es ist ein Symbol für ein Europa, das seine moralischen Grundlagen zu verlieren droht. Eine Familie, die Auschwitz besuchen wollte, wird zur Zielscheibe einer Morddrohung – und das in einer Stadt, deren jüdische Gemeinde fast vollständig im Holocaust ausgelöscht wurde. Kann es ein größeres historisches Versagen geben?
Booking.com und die Verantwortung der Plattformen
Nicht nur die Täter tragen Verantwortung. Auch die Plattformen, auf denen solche Buchungen erfolgen, müssen sich fragen lassen, wie sie mit antisemitischen Zwischenfällen umgehen. Wird ein derartiger Gastgeber sofort gesperrt? Wird die Familie entschädigt? Gibt es Sicherheitsmaßnahmen für jüdische oder israelische Reisende?
Bislang sind solche Fälle eher Randnotizen im System der Gig-Ökonomie. Doch mit wachsendem Antisemitismus und der weltweiten Sichtbarkeit jüdischer Identität wächst auch die Gefahr – besonders für Familien mit Kindern, die in vermeintlich sicheren Ländern Urlaub machen.
Angst, die bleibt
Die Goldbergs wollen ihre Reise fortsetzen. Aber sie haben die Stadt Krakau nun auf ihrer Karte gestrichen. „Wir überlegen, ob wir überhaupt noch in Polen bleiben sollen“, erzählt ihre Bekannte. Das Vertrauen ist erschüttert, der Schaden längst nicht nur materiell.
Wer so etwas erlebt hat, nimmt nicht nur Koffer und Kleidung mit nach Hause. Sondern das Wissen, dass man selbst in Europa, im Jahr 2025, wegen seiner Herkunft zur Zielscheibe werden kann – von Menschen, die keine Grenze mehr kennen zwischen politischer Meinung und persönlichem Hass.
Die Täter, ob Vermieter oder Kellnerin, sehen sich vermutlich als Teil einer „pro-palästinensischen Solidarität“. Doch was sie tun, ist nichts anderes als antisemitische Hetze. Wer Juden oder Israelis bedroht, hat jedes moralische Argument verwirkt. Und wer schweigt, macht sich mitschuldig.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 5. August 2025