„Demokratie-Lektionen aus Gaza?“ – Wie Athens Bürgermeister Israels Warnung in einen politischen Angriff verwandelte
In Griechenlands Hauptstadt werden antisemitische Parolen gesprüht – doch anstatt klare Worte gegen den Hass zu finden, attackiert Athens Bürgermeister den israelischen Botschafter. Eine Reaktion, die nicht nur diplomatisch irritiert, sondern auch tiefere Fragen nach politischer Verantwortung aufwirft.

Es begann mit einem Vorfall, der in jeder europäischen Großstadt für Alarm sorgen müsste: Graffiti mit der Aufschrift „Juden in die Gaskammer“ wurden im Athener Stadtteil Kipseli entdeckt – einem Viertel, in dem viele Israelis leben. Israels Botschafter Noam Katz wandte sich daraufhin in einem Artikel an die griechische Öffentlichkeit. Seine Botschaft: Der Schutz jüdischer Bürger müsse eine Selbstverständlichkeit sein – auch in Athen. Und: Es sei nicht hinnehmbar, dass die Stadtverwaltung wegsehe, wenn offene Mordaufrufe das Straßenbild prägen.
Die Reaktion von Bürgermeister Haris Doukas kam prompt – und ließ wenig Spielraum für diplomatische Deeskalation. In einem Beitrag auf X/Twitter schleuderte er Israel stattdessen massive Vorwürfe entgegen: „Wir akzeptieren keine Lektionen in Demokratie von denen, die Kinder töten.“ Gemeint ist: Israel. Und das aus dem Mund eines Bürgermeisters, dessen Stadt derzeit mit antisemitischer Hetze zu kämpfen hat.
Eine Täter-Opfer-Umkehr mit politischem Zynismus
Was Doukas öffentlich ins Netz stellte, liest sich nicht wie ein Statement zur Lage in seiner Stadt, sondern wie ein ideologisches Manifest gegen Israels Militäreinsätze in Gaza. Er sprach von „täglichen Toten durch Bombardierungen, Hunger und Durst“ und bezeichnete die Situation als „beispiellosen Genozid“. Dass er mit keinem Wort auf den ursprünglichen Anlass – die Graffiti mit NS-Rhetorik – einging, sondern stattdessen zur pauschalen Verurteilung Israels ausholte, wirft ein beunruhigendes Licht auf das Demokratieverständnis innerhalb seiner Amtsführung.
Gerade aus Athen, dem historischen Symbol westlicher Demokratie, hätte man erwarten können, dass Gewaltaufrufe gegen Juden unmissverständlich verurteilt werden – unabhängig von geopolitischen Konflikten. Stattdessen präsentiert sich der Bürgermeister als moralischer Richter über einen demokratischen Staat, während er antisemitische Parolen auf Athener Mauern mit keinem Wort benennt.
Botschafter warnt vor wachsendem Hass – und wird politisch attackiert
In seinem Artikel in einer griechischen Zeitung hatte Israels Botschafter Noam Katz nicht nur auf die antisemitischen Graffiti hingewiesen, sondern auch betont, dass viele Israelis sich derzeit in Athen unsicher fühlen. Besonders in Kipseli, einem zunehmend von Israelis bewohnten Viertel, würden Häuserwände gezielt mit Hassbotschaften beschmiert. „Der Bürgermeister hat nichts unternommen, um diese Minderheit zu schützen“, sagte Katz. Und: „Graffiti, die zur Ermordung von Juden aufrufen, sind keine Meinungsäußerung – sie sind kriminell.“
Katz warf der Stadtverwaltung vor, bei antisemitischen Ausfällen systematisch zu versagen – sowohl präventiv als auch in der Reaktion. Dass die Stadt sich stattdessen hinter „Meinungsfreiheit“ verschanze, sei ein gefährlicher Missbrauch demokratischer Begriffe.
Politische Rhetorik statt Verantwortung
Doukas hingegen kehrte die Perspektive komplett um: „Athen akzeptiert keine Demokratie-Lektionen von jenen, die Zivilisten töten.“ Statt sich mit der Sorge jüdischer Bürger und Touristen auseinanderzusetzen, rückte er Israel in die Rolle des Aggressors – und sich selbst in die moralische Überlegenheit. Dass in seinem Statement weder Empathie für die betroffenen israelischen Bewohner noch eine klare Verurteilung antisemitischer Gewalt vorkam, ist bezeichnend.
Seine Aussage, dass in den letzten zwölf Monaten die Zahl israelischer Antragsteller auf das griechische Golden Visa-Programm um über 90 % gestiegen sei, wirkte in diesem Zusammenhang wie eine zynische Retourkutsche – als wolle er andeuten, dass Israel von Griechenland profitiere, während es die griechische Politik kritisiere.
Eine europäische Normalisierung von Doppelmoral?
Die Szene ist kein Einzelfall. Immer häufiger wird in Europa Kritik an Israels Politik zum Deckmantel für sprachliche Entgleisungen, Doppelmoral und Gleichgültigkeit gegenüber offenem Judenhass. Wenn Graffiti, die an die Terminologie des Holocaust erinnern, nicht als Warnsignal begriffen werden, sondern Anlass für politische Retourkutschen bieten, steht weit mehr auf dem Spiel als nur ein diplomatischer Konflikt. Dann stellt sich die Frage, ob westliche Städte bereit sind, Antisemitismus als Bedrohung ernst zu nehmen – oder ob sie ihn politisch relativieren, sobald er im Schatten des Nahostkonflikts auftritt.
Athen, die Stadt der Demokratie, hat in diesem Fall keine Haltung gezeigt, sondern eine Ausflucht gesucht. Und die Opfer dieser Entwicklung – jüdische Familien, israelische Touristen, demokratische Prinzipien – bleiben damit auf der Strecke.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By C messier - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=146191030
Artikel veröffentlicht am: Montag, 4. August 2025