Junge Welt reproduziert antisemitische Narrative mit dem Vorwurf gezielten Drogenschmuggels durch Israel
Der Vorwurf ist extrem, die Belege fehlen, die Struktur ist altbekannt. Mit dem Artikel „Drogen statt Brot“ greift die Tageszeitung junge Welt auf ein antisemitisches Deutungsmuster zurück, das seit Jahrzehnten variiert wird. Israel wird als moralisch verkommener Akteur dargestellt, der nicht nur militärisch kämpft, sondern gezielt die Zivilbevölkerung vergiften wolle. Das ist kein Journalismus, das ist Narrativpflege.

Der am 18. Dezember 2025 veröffentlichte Text der junge Welt behauptet, Israel schleuse bewusst Drogen in den Gazastreifen, um die palästinensische Gesellschaft von innen zu zerstören. Der Vorwurf ist so schwerwiegend, dass er einer faktischen Beschuldigung eines staatlichen Massenverbrechens gleichkommt. Umso gravierender ist, dass der Artikel keine belastbaren Beweise liefert, sondern sich fast ausschließlich auf Quellen stützt, die politisch, ideologisch und organisatorisch Teil der Kriegspartei Gaza sind.
Zentraler Ausgangspunkt der Erzählung sind Aussagen des sogenannten Medienbüros der Regierung in Gaza, einer Institution unter direkter Kontrolle der Hamas. Diese Organisation führt seit Jahren einen bewaffneten Kampf gegen Israel, nutzt gezielt zivile Infrastruktur und betreibt systematische Propaganda. Ihre Verlautbarungen als Ausgangsbasis für Anschuldigungen gegen Israel zu nehmen, ohne sie streng zu überprüfen, widerspricht jedem professionellen journalistischen Standard.
Hinzu kommt eine Reportage von Al Jazeera Mubasher, einem Sender, der wiederholt durch einseitige Kriegsberichterstattung aufgefallen ist und politisch eng mit Akteuren verbunden ist, die Israel offen delegitimieren. Gezeigt werden Pillen, Drogenpäckchen, Drohnen und Konservendosen. Was fehlt, sind überprüfbare Lieferketten, forensische Analysen, unabhängige Gutachten oder auch nur ein plausibler logistischer Nachweis. Bilder ersetzen Beweise. Behauptungen ersetzen Recherche.
Besonders aufschlussreich ist, dass der Autor selbst einräumt, dass weder die Vereinten Nationen noch internationale Faktenprüfer eine israelische Täterschaft bestätigen konnten. France 24 wird korrekt zitiert mit dem Hinweis, es gebe keine endgültigen Belege. Doch diese Information hat im Text keine Konsequenz. Sie wird nicht zum Ausgangspunkt kritischer Distanz, sondern zur Fußnote degradiert, während die Anschuldigung weiter ausgeschmückt wird.
Genau hier zeigt sich die Struktur des antisemitischen Narrativs. Israel wird nicht als Akteur unter vielen dargestellt, sondern als Quelle eines besonderen, perfiden Übels. Nicht Krieg allein, nicht Zerstörung allein, sondern gezielte Vergiftung, Zersetzung, moralische Verderbnis. Dieses Motiv ist historisch tief verankert. Schon im Mittelalter wurden Juden beschuldigt, Brunnen zu vergiften. Später hieß es, sie zerstörten Gesellschaften von innen, korrumpierten Jugend und Moral. Die Rollen wechseln, das Muster bleibt.
Auch die Wortwahl des Artikels ist bezeichnend. Begriffe wie abscheuliches Verbrechen, weiche Waffe oder systematischer Krieg sind keine analytischen Beschreibungen. Sie sind emotionale Kampfbegriffe. Sie erzeugen ein Bild, in dem Israel nicht mehr als Staat mit Interessen und Sicherheitslogik erscheint, sondern als dämonischer Akteur, der bewusst Kinder und Jugendliche vergiften wolle. Das ist keine Kritik, das ist Entmenschlichung.
Völlig ausgeblendet wird dabei der reale Kontext des Gazastreifens. Dass Drogen seit Jahren über Tunnel, Schmuggelrouten und kriminelle Netzwerke nach Gaza gelangen, ist gut dokumentiert. Diese Netzwerke existierten lange vor dem aktuellen Krieg und wurden von bewaffneten Gruppen kontrolliert oder geduldet. Dass in einer zusammengebrochenen Ordnung Drogenhandel floriert, ist tragisch, aber nicht überraschend. Ihn automatisch Israel zuzuschreiben, ist analytisch unredlich.
Besonders problematisch ist die Konstruktion einer angeblichen israelischen Steuerung palästinensischer Milizen im Drogenhandel. Namen werden genannt, Vorwürfe erhoben, doch Beweise fehlen. Die Komplexität lokaler Machtkämpfe wird auf eine simple Schuldzuweisung reduziert. Israel erscheint als allgegenwärtiger Strippenzieher, der selbst das soziale Elend des Gegners gezielt plant. Auch das ist ein klassisches antisemitisches Deutungsmuster.
Journalismus hat die Aufgabe, Macht zu kontrollieren und Wahrheit zu suchen. Er darf auch scharf kritisieren. Aber er verliert seine Legitimität, wenn er unbelegte Anschuldigungen übernimmt, ideologische Quellen unkritisch reproduziert und historische Ressentiments modern verpackt. Der Artikel der jungen Welt tut genau das.
Wer Israel vorwirft, gezielt Drogen in ein Kriegsgebiet zu schmuggeln, beschuldigt es eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Solche Vorwürfe verlangen höchste Beweisstandards. Sie verlangen Distanz, Skepsis und intellektuelle Redlichkeit. Nichts davon ist hier erkennbar.
Was bleibt, ist ein Text, der nicht aufklärt, sondern bestätigt. Er bestätigt Vorurteile, Narrative und Feindbilder, die in Teilen der politischen Linken seit Jahrzehnten kursieren. Das ist nicht harmlos. Es trägt zur Normalisierung antisemitischer Denkmuster bei, die Israel nicht kritisieren, sondern delegitimieren sollen.
Der Schaden entsteht nicht nur durch das, was behauptet wird, sondern durch die Art, wie es erzählt wird. Und genau darin liegt die Verantwortung der Medien.
Autor: Redaktion
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Artikel veröffentlicht am: Montag, 22. Dezember 2025