Vergessene Flüchtlinge: UN-Bericht beziffert Verluste von Juden aus arabischen Ländern auf 263 Milliarden Dollar
Während die Welt seit Jahrzehnten über das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge spricht, herrscht über die Entrechtung und Vertreibung von fast einer Million Juden aus arabischen Staaten Schweigen. Ein neuer UN-Bericht deckt nun das Ausmaß von Vertreibung, Enteignung und Zerstörung jahrtausendealter Gemeinden auf.

Seit 1948 haben die Vereinten Nationen unzählige Sitzungen, Resolutionen und Berichte zur Lage der palästinensischen Flüchtlinge verabschiedet. Kaum je wurde jedoch auch nur ein Wort über die andere Seite der Geschichte verloren: die systematische Vertreibung der jüdischen Gemeinden aus der arabischen Welt. Nun liegt zum ersten Mal eine umfassende Dokumentation vor, die das Ausmaß dieses verdrängten Kapitels sichtbar macht.
Die internationale Organisation Justice for Jews from Arab Countries (JJAC) hat in jahrelanger Arbeit elf detaillierte Länderberichte erstellt, die am Eröffnungstag des UN-Menschenrechtsrats in Genf vorgestellt werden. Die Ergebnisse sind erschütternd: Über 99 Prozent der Juden, die über Jahrtausende hinweg in Nordafrika und im Nahen Osten lebten, wurden seit 1948 gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Ganze Gemeinden, die älter sind als der Islam selbst, verschwanden in wenigen Jahrzehnten.
Eine Region „judenrein“
In Algerien lebten 1948 rund 140.000 Juden – heute ist keiner mehr dort. In Irak, einst Heimat von 135.000 Juden, sind noch ganze fünf geblieben. In Tunesien sank die Zahl von 105.000 auf etwa 1.500. In Ägypten, Syrien, Jemen, Libyen oder dem Libanon wiederholt sich das gleiche Bild: Aus blühenden Gemeinden wurden leere Synagogen, zerstörte Friedhöfe und vergessene Spuren einer untergegangenen Kultur.
Der Bericht bezeichnet die Region heute als faktisch „judenrein“. Dieses Wort, das an die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte erinnert, beschreibt die Realität einer jahrtausendealten Präsenz, die mit Gewalt ausgelöscht wurde – von arabischem Nationalismus, islamistischem Fanatismus und staatlich organisierter Verfolgung.
263 Milliarden Dollar enteignetes Eigentum
Neben der menschlichen Tragödie dokumentiert die Studie auch die materiellen Verluste: Enteignete Häuser, beschlagnahmte Geschäfte, geplünderte Synagogen, geraubte Bibliotheken und Gemeindevermögen. Nach heutigen Werten summieren sich diese Verluste auf 263 Milliarden Dollar (etwa 244 Milliarden Euro). Allein in Iran beläuft sich der Schaden auf 61 Milliarden, in Ägypten auf 59 Milliarden und in Irak auf 34 Milliarden Dollar.
Die Dimension wird greifbar, wenn man sich die Pro-Kopf-Verluste ansieht: 1948 lagen sie je nach Land zwischen 4.800 und 15.000 Dollar – für viele Familien ein kompletter wirtschaftlicher Ruin.
Der blinde Fleck der internationalen Politik
Während die palästinensische Flüchtlingsfrage seit über 75 Jahren die Debatten der Vereinten Nationen bestimmt, wurde die jüdische Tragödie systematisch verschwiegen. Keine Hilfsorganisation wurde für diese Flüchtlinge gegründet, keine Milliardenprogramme aufgelegt, keine „Rückkehrrechte“ eingefordert. Die meisten der 850.000 vertriebenen Juden fanden in Israel Zuflucht, wo sie ohne internationale Hilfe integriert wurden.
„Das Ausmaß der Verluste wurde bislang kaum anerkannt“, erklärt Rabbi Elie Abadie, Mitvorsitzender von JJAC. „Diese Geschichte gehört zum Nahen Osten wie jede andere. Nur durch Wahrheit und Anerkennung kann Versöhnung entstehen.“
Sein Mitvorsitzender Sylvain Abitbol ergänzt: „Die Abraham-Abkommen haben gezeigt, dass die Völker der Region sich annähern können, wenn man die Geschichte mit Mut und Ehrlichkeit betrachtet. Ohne Anerkennung der jüdischen Flüchtlinge bleibt jedes Gespräch über Gerechtigkeit unvollständig.“
Mehr als eine historische Fußnote
Die Frage nach den jüdischen Flüchtlingen ist keine Randnotiz, sondern eine zentrale Komponente im Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit. Wer nur über die palästinensischen Flüchtlinge spricht, verschweigt die Hälfte der Realität. Wer Wiedergutmachung, Rechte und Anerkennung fordert, darf nicht die einen Opfer instrumentalisieren und die anderen ignorieren.
Das Schweigen über die Vertreibung der Juden aus arabischen Staaten ist nicht länger haltbar. Der neue UN-Bericht ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber nur dann, wenn ihm politisches Handeln folgt. Denn erst wenn die Leiden beider Völker anerkannt werden, kann eine Basis für echten Frieden entstehen.
Autor: Redaktion
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Artikel veröffentlicht am: Montag, 8. September 2025