Karikatur als Vorwand: Erdogans Regime jagt Künstler – wieder einmal
In der Türkei wurden drei Karikaturisten verhaftet, weil sie angeblich den Propheten Mohammed gezeichnet haben sollen. Tatsächlich geht es der islamistischen Regierung nur um eines: Kritiker mundtot zu machen – unter dem Deckmantel religiöser Empörung.

Wieder ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Wieder eine kalkulierte Empörungswelle. Wieder werden Künstler eingesperrt, weil das Regime um Recep Tayyip ErdoÄŸan jede Form von Kritik, Satire oder Widerspruch als Bedrohung empfindet. In der Türkei wurden drei Karikaturisten des bekannten Satiremagazins LeMan verhaftet – mit der absurden Begründung, sie hätten den Propheten Mohammed beleidigt. In Wahrheit zeigt die Karikatur weder den Propheten noch irgendeine religiöse Figur.
Was die türkische Justiz als "öffentliche Beleidigung religiöser Werte" deklariert, ist in Wirklichkeit nichts weiter als ein Vorwand zur Einschüchterung. Die Zeichnung, veröffentlicht in der Ausgabe vom 26. Juni 2025, zeigt zwei tote Männer mit Flügeln – einen „Sohn von Moses“, einen „Sohn von Mohammed“. Die Botschaft: Versöhnung im Tod, über Kriegsgräuel und religiöse Unterschiede hinweg. Kein Spott. Kein Zynismus. Kein Angriff auf Glauben. Nur ein stiller Kommentar zum Leid in Gaza, Israel und Iran.
Doch solche Zwischentöne will die ErdoÄŸan-Regierung nicht hören. Für sie zählt nur die Schlagzeile, die Empörung, die Mobilisierung. Und wie so oft bedient sie sich der aufgeheizten Stimmung radikalisierter Kreise. Extremisten behaupten nun, die Zeichnung stelle den Propheten dar – was nicht stimmt. Aber der Schaden ist längst angerichtet. Die Polizei stürmt die Redaktionsräume, drei Journalisten werden abgeführt wie Verbrecher. Eine Einschüchterungsaktion mit Ansage.
Innenminister Ali Yerlikaya spricht von einer „niederträchtigen Zeichnung“, die Kommunikationszentrale des Präsidenten nennt es einen „Angriff auf unsere Werte“. Was wirklich gemeint ist: ein Angriff auf ihre Macht. Denn LeMan war eines der letzten freien Magazine in der Türkei, das sich traute, die Regierung aufs Korn zu nehmen – mit Humor, mit Satire, mit Haltung. Nun ist auch diese Stimme bedroht. Es ist ein weiterer Schlag gegen die kulturelle und geistige Freiheit eines Landes, das längst zum autokratischen Polizeistaat verkommen ist.
Das Kalkül ist durchschaubar: Wer kritisiert, wird kriminalisiert. Wer Karikaturen veröffentlicht, wird diffamiert. Wer sich nicht fügt, verschwindet in den Mühlen der Justiz. Die Türkei unter ErdoÄŸan benutzt Religion nicht als spirituelle Kraft, sondern als Waffe zur Machtsicherung. Dabei schreckt das Regime auch nicht davor zurück, das empfindliche Thema der islamischen Bildverbote zu missbrauchen – um Unschuldige zu opfern und jede Diskussion zu ersticken.
Es ist die alte Leier, aber mit immer brutaleren Mitteln. Schon 2015 starben in Paris bei „Charlie Hebdo“ zwölf Menschen, weil fanatisierte Mörder meinten, im Namen des Islam töten zu müssen. Dass nun in der Türkei genau dieses Klima von offizieller Stelle befeuert wird, zeigt, wie weit das Land vom demokratischen Westen entfernt ist. Und wie wenig Respekt die Regierung vor der Wahrheit hat.
Während die internationale Gemeinschaft schweigt oder bestenfalls vorsichtig formuliert, treibt Ankara seine Hexenjagd auf Künstler und Intellektuelle weiter voran. Es geht nicht um eine Karikatur. Es geht um totale Kontrolle. Wer das nicht erkennt, macht sich zum Komplizen.
Die Festnahmen sind ein Angriff auf alles, was Freiheit bedeutet. Ein Angriff auf Kunst. Auf Satire. Auf Vernunft. Und letztlich auf jeden, der sich nicht in ein autoritäres Weltbild pressen lassen will.
Autor: Redaktion
Artikel veröffentlicht am: Dienstag, 1. Juli 2025