„Libanon hat keine Zeit mehr“ – US-Gesandter drängt auf Entwaffnung der Hisbollah


Der amerikanische Gesandte Tom Barrack warnte in Bahrain vor einem völligen Kollaps des Libanon und forderte die sofortige Entwaffnung der Hisbollah. Während Ägypten eine neue Vermittlungsinitiative zwischen Beirut und Jerusalem startet, steht das Land am Rand des Abgrunds – politisch, wirtschaftlich und militärisch.

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Der Druck auf den Libanon wächst. Nach Monaten täglicher israelischer Luftangriffe im Süden des Landes forderte der amerikanische Sondergesandte Tom Barrack am Samstag in Manama, der Hauptstadt Bahrains, eine rasche und vollständige Entwaffnung der Hisbollah. „Libanon hat keine Zeit mehr“, sagte Barrack in scharfer Tonlage. „Solange die Miliz zehntausende Raketen besitzt, die auf Israel gerichtet sind, wird es keine Stabilität geben.“

Seine Worte fielen in eine Zeit, in der die libanesische Armee nahezu handlungsunfähig ist. Nach Einschätzung Barracks verfügt die Hisbollah inzwischen über mehr Finanzmittel als das offizielle Militär des Landes. „Libanon ist ein gescheiterter Staat“, erklärte er, „seine Armee leidet unter Ressourcenmangel, während die Hisbollah ein paralleles System aufgebaut hat, das stärker, reicher und besser organisiert ist als jede staatliche Institution.“

Ägyptische Vermittlungsinitiative

Zeitgleich wurde in Beirut über eine neue ägyptische Friedensinitiative berichtet. Der libanesischen Zeitung Al-Liwaa zufolge hat der Leiter des ägyptischen Geheimdienstes diese Woche einen mehrstufigen Plan vorgestellt, um die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah zu beenden.

Der Vorschlag sieht zunächst eine mehr als dreimonatige Feuerpause vor, in der israelische Angriffe vollständig eingestellt und im Gegenzug libanesische Gefangene freigelassen werden sollen. Im Kern des Plans steht der vollständige Rückzug der Hisbollah-Kräfte südlich des Litani-Flusses – jenes Gebiets, das laut UN-Resolution 1701 nach dem Krieg von 2006 ohnehin entmilitarisiert sein sollte.

In einer zweiten Phase sollen direkte Gespräche zwischen Ägypten und der Hisbollah-Führung beginnen, um eine internationale „politisch-sicherheitsbezogene Formel“ für den Umgang mit der Bewaffnung nördlich des Litani-Flusses zu finden. Gleichzeitig würde sich die israelische Armee aus den verbliebenen Beobachtungspunkten auf libanesischem Boden zurückziehen.

Am Ende des Prozesses steht die heikelste Etappe: die endgültige Markierung der Landgrenzen zwischen Israel und Libanon – ein Streit, der seit Jahrzehnten ungelöst ist und regelmäßig als Vorwand für Eskalationen dient. Kairo bietet an, auch zwischen Libanon und Syrien zu vermitteln, um die Frage um die Scheba-Farmen (Har Dov) zu klären, ein weiteres explosives Symbolthema.

Ein Land zwischen Hoffnung und Zusammenbruch

Die Lage im Libanon hat sich seit Monaten dramatisch verschlechtert. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, seine Währung ist wertlos, und das Vertrauen in Regierung wie Armee ist zerstört. In diesem Vakuum hat die Hisbollah ihre Macht ausgebaut – nicht nur als bewaffnete Miliz, sondern auch als wirtschaftlicher Akteur, der Energie, Lebensmittel und Dienstleistungen kontrolliert.

Barrack warnte, dass ohne rasche internationale Intervention der gesamte Staat in die völlige Auflösung rutschen könnte. „Es ist unvorstellbar, dass kein Dialog zwischen Libanon und Israel existiert, während Israel bereit ist, über eine Grenzregelung zu sprechen. Wenn der Libanon nicht handelt, wird Israel gezwungen sein, innerhalb libanesischen Territoriums zu reagieren“, sagte er.

Für Jerusalem ist die Situation klar: Solange Hisbollah im Süden des Landes verbleibt und tausende Raketen auf israelische Städte ausgerichtet hält, wird keine Ruhe einkehren. Die täglichen Luftschläge zielen darauf ab, Abschussrampen und Munitionsdepots zu zerstören – ein Katz-und-Maus-Spiel, das beide Seiten an den Rand eines größeren Krieges treibt.

Das Zeitfenster schließt sich

Diplomaten in der Region sehen in der ägyptischen Initiative die letzte Chance, bevor sich der Konflikt zu einem Flächenbrand ausweitet. Doch Skepsis überwiegt: Die Hisbollah wird kaum bereit sein, ihre Waffen aufzugeben, und der libanesische Staat ist zu schwach, um sie dazu zu zwingen.

Barracks Botschaft in Bahrain war daher auch ein Appell an die arabischen Staaten am Golf, mehr Druck auf Beirut auszuüben. „Ohne eine regionale Anstrengung wird der Libanon weiter in Richtung Abgrund fallen“, warnte er.

Hinter den Kulissen arbeitet Washington an einer diplomatischen Linie, die Israels Sicherheitsinteressen mit einer langfristigen Stabilisierung des Libanon verbinden soll. Doch Zeit ist ein knappes Gut – und jede Rakete, die aus Südlibanon abgefeuert wird, bringt die Region näher an den nächsten Krieg.

Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=138677142

Artikel veröffentlicht am: Sonntag, 2. November 2025

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